Nahost
Arafat kündigt Wahlen binnen sechs Monaten an
Palästinensische Abgeordnete legen Plan zu deutlicher Beschneidung der Kompetenzen von Arafat vor
Ramallah/Gaza/Jerusalem - Der palästinensische Präsident Yasser Arafat
will binnen sechs Monaten Präsidenten- und Parlamentswahlen in den
Autonomiegebieten abhalten. Dies erklärte Arafats Berater Ahmed Abdel
Rahman am Donnerstag der Nachrichtenagentur AP. "Präsident Arafat hat ein Programm der Reformen und
Veränderungen vorgelegt", sagte Abdel Rahman. Arafat habe eine
Sitzung der Zentralen Wahlkommission innerhalb von zwei Tagen
einberufen. Erst am Mittwoch hatte Arafat Wahlen und die Umstrukturierung
seiner Autonomiebehörde in Aussicht gestellt, ohne aber Einzelheiten
und Termine zu nennen. Über die Möglichkeit, sich selbst zur Wahl zu
stellen, hatte er am Mittwoch nichts gesagt. Die letzte Wahl in den
Autonomiegebieten fand 1996 statt. Arafat wurde mit überwältigender
Mehrheit gewählt. Kritiker werfen ihm eine zu große Machtfülle und
Korruption innerhalb der Autonomiebehörde vor.
Palästinensische Abgeordnete fordern Neuwahlen
Führende Mitglieder des
palästinensischen Parlaments haben Palästinenserpräsident Yasser
Arafat am Donnerstag aufgefordert, innerhalb eines Jahres den
Präsidenten, das Parlament und die Kommunalparlamente neu wählen zu
lassen. Außerdem soll Arafat seine Regierung innerhalb von 45 Tagen
umbilden. Nach stundenlangen Beratungen beschlossen die Abgeordneten,
unter ihnen die Politikerin Hanan Ashrawi, ein umfassendes Programm
für die Reform der politischen Institutionen mit dem Ziel einer
weitgehenden Demokratisierung.
Auch Hamas und Islamischer Dschihad für tiefgreifende Reformen
Speziell die radikal-islamischen Organisationen Hamas und
Islamischer Dschihad forderten tiefgreifende Reformen. Der Hamas-Chef
im Gaza-Streifen, Ismail Abu Schanab, verlangte die "Bildung einer
erweiterten nationalen Führung, die alle palästinensischen
Entscheidungen trifft", ein Dschihad-Sprecher verlangte Reformen "auf
allen Ebenen". Insgesamt laufen die Vorschläge auf eine klare
Beschneidung der Befugnisse Arafats hinaus. Der Entwurf muss zunächst
vom Gesamtparlament verabschiedet werden, bevor er Arafat formell
zugeleitet wird, hieß es in Ramallah. Arafat hatte am Mittwoch vor
der Gesetzgebenden Versammlung "Fehler" der Autonomiebehörde
eingestanden.
Die Empfehlungen der Abgeordneten müssen von der Mehrheit der 88
Mitglieder des 1996 gewählten Parlaments verabschiedet werden. Arafat
wird darin außerdem aufgefordert, eine bereits vor längerer Zeit von
dem Parlament vorgeschlagene Verfassung in Kraft zu setzen und vor
allem die Unabhängigkeit der Gerichte zu garantieren. Das
Reform-Komitee, zu dem auch Abgeordnete aus dem Gaza-Streifen
gehören, verlangte auch die Vereinigung aller palästinensischen
Sicherheitsorgane unter einem Kommando.
Umbildung der Regierung als Sofortmaßnahme
Als Sofortmaßnahme schlagen die Abgeordneten die Umbildung der
Regierung vor. Das aus 25 Ministern bestehende Kabinett solle durch
19 so genannte Technokraten ersetzt werden, die besser mit den
Problemen in den Palästinensergebieten nach der umfangreichen
Zerstörung durch die israelische Militäroffensive "Operation
Schutzwall" fertig werden könnten. Um der unter Arafat ausufernden
Korruption besser Herr werden zu können, sollen alle Staatseinnahmen
ausschließlich vom Finanzministerium verwaltet werden.
Einige Parlamentarier kritisierten die von dem Ausschuss
vorgeschlagene Ein-Jahres-Frist für Neuwahlen. Der Abgeordnete Salah
el Talamari sagte der dpa, es lägen bereits genügend Reformvorschläge
des Parlaments auf dem Tisch, die nur noch verwirklicht werden
müssten. Kommunalminister Saeb Erakat warnte jedoch, angesichts der
Belagerung palästinensischer Städte und Dörfer durch Israel seien
Kommunalwahlen zur Zeit unmöglich.(APA/dpa)