Österreich
Kaftan statt Badeanzug
Islamisten machen gegen die erste marokkanische Misswahl mobil - 14.000 junge Frauen wollen teilnehmen
Rabat/Madrid - Marokkos Islamisten gehen auf die Barrikaden, um die „Würde der
Frau zu verteidigen“. Der Grund: In dem nordafrikanischen Königreich soll erstmals
eine Miss Marokko gewählt werden. 14.000 junge Frauen
wollen für den Titel defilieren, in einem Abendkleid, einem Kaftan und einer typischen Tracht ihres Landesteils. Der sonst übliche Badeanzug wurde aus Rücksicht auf die religiösen Gefühle gestrichen. Und anstatt einer Karriere als Model soll Miss Marokko ein Auslandsstipendium erhalten.Den Islamisten ist dies den noch nicht sittsam genug. Sie sehen durch den Wettbewerb,
an dem im Finale 30 Schönheiten teilnehmen sollen, die Grundsätze des Korans verletzt und drohen, die Veranstaltung zu stürmen.
„Rushdie von Marokko“ Organisator Anas Yazuli fühlt sich bedroht. Die größte
islamistische Zeitung, Al-Taydid, die von der im Parlament vertretenen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) herausgegeben wird, beschimpft den jungen Unternehmer als „Salman Rushdie von Marokko“. Sein Plan, die schönste Marokkanerin wählen zu lassen, sei „eine Sünde und ein teuflischer Akt“. Yazuli will sich dennoch nicht einschüchtern lassen. „Die marokkanische Gesellschaft denkt nicht wie die Islamisten“, ist er sich sicher. Die hohe Zahl der Bewerbe rinnen zeige, dass sich die Jugend von den religiösen Fanatikern abwende. „Dieser Wandel hat auch die Familien erreicht.
Nur mit Zustimmung der Eltern
Viele der Kandidatinnen haben die Zustimmung ihrer Eltern“, weiß Yazuli zu berichten.
Die meisten Frauen kommen laut Veranstalter aus einfachen Verhältnissen und
nicht aus der aufgeschlosseneren Mittelschicht. Auch dies spreche für den Umschwung in der Bevölkerung.
Yazuli glaubt, dass die Islamisten auf seine Rechnung Wahlkampf für die Parlamentswahlen im September machen wollen. Bereits vor drei Jahren organisierte die
PJD Proteste gegen eine Misswahl, die daraufhin nur unter massivem Polizeischutz stattfinden konnte. Die Islamisten errangen damals einen Parlamentssitz in der Hauptstadt.
„Dieses Mal werden wir ihnen dabei nicht helfen“, sagte Yazuli. Die Misswahl wird erst
nach den Wahlen stattfinden. (Reiner Wandler, DER STANDARD Print-Ausgabe 17.Mai 2002)