Hamburg - Eine "Zivilisation der neuen Grausamkeit" sagte der Karlsruher Philosoph Peter Sloterdijk als Redner auf dem "Siebten Deutschen Trendtag" in Hamburg voraus. Sloterdijk zeichnete dabei ein überwiegend schwarz gehaltenes Bild der modernen Informationsgesellschaft. Durch die starke Verbreitung von Computern entstehe eine neue Form der Sklaverei, so Sloterdijk, der vor zwei Jahren mit seinen Menschenpark-Thesen Wirbel verursachte.Die Sklaverei kehre durch die Computerisierung des Alltags zurück. "Kommunikation ist Sklavenarbeit", sagte Sloterdijk. Die Computer selbst spielten dabei die Rolle der Sklaven, die den Menschen diese Arbeit abnehmen. Die Herrschaft falle immer stärker den Besitzern und Kontrolleuren der Kanäle zu, welche die Datenströme gleich Konsumgütern in alle Verbrauchersphären lenkten. Die einzelnen Menschen zögen sich immer weiter in soziale Nischen zurück und ließen sich durch die Medien nach dem Motto "Brot und Spiele" unterhalten. Was Soziologen einst als "Erlebnisgesellschaft" analysierten, bezeichnete der Philosoph nun als "medial inszenierte Konsumpanik". In einer "Kultur des täglichen Ausnahmezustands" stacheln sich die Konsumenten ununterbrochen gegenseitig zu immer neuen Käufen an - Waren versprechen scheinbar grenzenlos wachsenden Genuss. "Moderne Gesellschaften sind große Neidkraftwerke", sagte Sloterdijk - durch ihre Käufe erzeugten die Menschen einer Spirale gleich immer neue Eifersucht. Nicht einmal Reformkräfte wie die Grünen hätten diese auf Hochtouren laufenden Reaktoren und ihre Erlebnisbrennstäbe bisher abzuschalten versucht. Hoffnung schimmert da nur am Rande durch: "Souverän ist, wer sich von der Sklaverei frei macht", räumte Sloterdijk doch ein. (dpa/poh, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17. 5. 2002)