Wien - "Es kommt kein Einkaufszentrum in die Lindengasse, sondern eine Erweiterung des Kaufhauses Gerngroß mit Auswirkungen auf die Lindengasse", beginnt Andreas Liebsch von Palmers Immobilien bei der Bürgerversammlung im Amtshaus Wien-Neubau "Gerüchte auszuräumen". Doch sein Bemühen, die Bürger des siebten Gemeindebezirks von seinem Bauvorhaben zu überzeugen, ist wie der Versuch, den Atlantik in eine Flasche zu füllen. Die Anrainer des Grätzels lachen ihn hämisch aus.Denn Palmers, Eigentümer von Gerngroß sowie der Häuser Lindengasse 11-15, plant ein Einkaufszentrum von rund 60.000 Quadratmetern inklusive Wohnungen und Tiefgarage im Häuserblock Mariahilfer Straße/Kirchengasse. Die Gründerzeithäuser in der dahinter gelegenen Lindengasse sollen abgerissen werden und einem Ladehof Platz machen. Kaufkraft soll im Zentrum bleiben Die Anrainer befürchten, die Lindengasse könnte zum "Hinterhof der Mariahilfer Straße" werden. Palmers hingegen versteht sich als ganz im Einklang mit der Stadt Wien, die statt "des samstäglichen Staus in die Shopping City Süd", so Andreas Liebsch, die Kaufkraft im Zentrum halten will. - "Ist ein Stau in Richtung Volkstheater denn besser?", fragt Gerhard Falnbigl von der Bürgerinitiative "Lebenswerte Lindengasse". Die täglich 60 zusätzlichen Lkw, die der neue Ladehof bringen würde, könne die ohnehin stark frequentierte Lindengasse außerdem gar nicht tragen. Zum Bau des Einkauszentrums wäre eine Umwidmung der Häuser Lindengasse 13-15 von Wohnfläche auf Einkaufszentrum erforderlich. Zur Überprüfung des Vorhabens wurde ein Baustopp verhängt, "denn abgesehen von den Verkehrsproblemen muss ein Ausgleich mit den Bewohnern gefunden werden", umschreibt Bernhard Mackerle von der Planungsabteilung der Stadt Wien das Problem: "Natürlich will die Stadt die Geschäftsstraßen stärken. Wenn wir aber die Wohnbevölkerung einfach absiedeln, ist die Gegend nach Geschäftsschluss tot." "Solange Mieter in den Häusern wohnen, ist keine Umwidmung drin", meint Grünen-Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger. Einige sind bereits umgezogen: "Man hat ihnen wohl Angebote gemacht, die sie nicht ausschlagen konnten", sagt er. Laut Palmers seien diese mit allem Entgegenkommen erfolgt, "die andere Seite berichtet jedoch von Drohbriefen und Terror - wie zufällig im Winter kaputtgegangenen Gasrohren". (Eva Stanzl, DER STANDARD Print-Ausgabe 17.MAi 2002)