Budapest - Die einzige Überlebende des massakerhaften Bankraubs in der ungarischen Kleinstadt Mór ist am Donnerstagabend ihren schweren Schussverletzungen erlegen. Mit dem Tod der 27-jährigen Kassiererin erhöht sich die Zahl der Opfer auf acht.Inzwischen hat die Polizei die Belohnung für Hinweise, die zur Ausforschung der Täter führen, von zehn auf 25 Millionen Forint (rund 102.400 Euro) erhöht. In Ungarn wurde am Freitag ein nationaler Trauertrag begangen. Zu den Hintergründen der Tat gibt es offenbar noch keinerlei Aufschlüsse. Nachdem sich der ursprüngliche Verdacht gegen zwei Ungarn als falsch erwiesen hat, tauchen nun Spekulationen auf, das eigentliche Motiv für den Überfall, bei dem der oder die Täter sofort das Feuer eröffneten, könnte nicht nur Geldbeschaffung gewesen sein. Der Safe blieb zu Laut der Tageszeitung Népszava würde für "sonstige Motive" sprechen, dass die Täter nicht versuchten, den Panzerschrank zu öffnen oder öffnen zu lassen. Im Tresor hätten sich mehr als zehn Millionen Forint befunden. Die Beute betrug nach Angaben der Polizei 8,2 Millionen Forint (knapp 34.000 Euro). Die Spekulationen über das Motiv reichen in Ungarn sogar bis zu "Panikmache" nach den Parlamentswahlen. Dabei gebe es eine Parallele zu vor vier Jahren verübten "politischen Anschlägen" (auf Parteisitz und Wohnung von Politikern) und zu einem nach den Parlamentswahlen 1998 erfolgten Attentat in der Budapester Innenstadt, bei dem vier Menschen starben. Népszava schreibt sogar von einem möglichen "Terroranschlag". "Abrechnung" Laut Experten kommt auch "Abrechnung" als Motiv infrage, wobei das nicht unbedingt mit den Opfern direkt, sondern auch mit dem Ort oder der Bank in Zusammenhang gebracht werden könnte. Es gelte nun zu untersuchen, ob außer Geld auch Dokumente verschwanden. Laut Landespolizeipräsidium sieht die Polizeiführung eine Woche nach der blutigen Tat ein, "schwere Fehler" bei der Fahndung begangen zu haben. Darüber hinaus habe sich unterdessen herausgestellt, dass die Überwachungs-kamera in der Erste-Bank-Filiale nicht funktionierte, berichtete Népszava. (DER STANDARD, printausgabe 18./19.05.2002)