Immer noch weigern sich manche ÖstereicherInnen standhaft, dem allgemeinen Aufruf zur Zeckenschutzimpfung Folge zu leisten. Univ.-Prof. Dr. Franz X. Heinz vom Institut für Virologie der Universität Wien erläutert im Gespräch mit mymed.cc , warum die Impfung durchaus zu empfehlen ist und Ängste vor Nebenwirkungen weitgehend unbegründet. Das Interview führte Doris Simhofer mymed: Herr Professor Heinz, ist die Gefahr heuer größer geworden, von einer mit FSME infizierten Zecke gebissen zu werden? Heinz: Nein. Es gibt heute nicht mehr Zecken als früher, die Menschen sind sich der Gefahr jedoch heute mehr bewusst geworden. Vor allem die FSME-Gefahr ist in Österreich durch Aufklärungskampagnen weithin bekannt, die Durchimpfungsrate ist zufriedenstellend. mymed: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass man von einer infizierten Zecke gebissen wird? Heinz: Die Wahrscheinlichkeit ist unterschiedlich hoch. Man kann das leider nicht genau messen, aber in Endemiegebieten beträgt sie sicher einige Prozent. Vor allem in der Steiermark, in Kärnten, Nieder- und Oberösterreich kommen Zecken häufiger vor. mymed: Lohnt sich der Impfaufwand im Hinblick auf das prozentuell eher geringe Risiko? Heinz: Wer ein Gehirn hat, schützt es, so heißt es. Die virale Erkrankung ist ja weit verbreitet, so etwa in ganz Europa und in Asien. Nur die Impfung schützt vor FSME. mymed: Wie gefährlich sind die Nebenwirkungen der Impfung, vor allem für Kinder? Heinz: In der Geschichte der Impfung ist es immer wieder zu Problemen gekommen, die jedoch über Fieberreaktionen – wie auch bei anderen Impfungen – nicht hinaus gingen. Dieses Problem wurde nun gelöst. Der Impfstoff wurde so modifiziert, dass kleinere Mengen des Wirkstoffes gegeben werden, sodass die Nebenwirkungen nahezu ausbleiben. mymed: Ist der Impfstoff gegen alle Arten von Zecken-Infektionen wirksam? Heinz: Zecken können Träger von zweierlei Erregern sein, die der Borreliose und das FSME-Virus. Gegen das FSME-Virus gibt es die Möglichkeit der Impfung, gegen Borreliose gibt es keine Impfung, aber eine gute Behandlungsmöglichkeit mit Antibiotika. mymed: Was ist zu tun, wenn der Imfpstoff nicht vertragen wird? Heinz: Es gibt nur eine marginale Anzahl an Allergikern, die Probleme mit dem Impfstoff haben könnten. Der Impfstoff wird in Hühnereizellen gezüchtet, wird aber hoch gereinigt; dennoch kann es – wenngleich auch im marginalen Bereich – vorkommen, dass Hühnereiallergiker Reaktionen zeigen. mymed: Welche Entwicklungen gibt es im Bereich des Impfstoffes? Heinz: In diesem Bereich gibt es immer wieder Neuerungen. Die Wirksubstanz dieses Totimpfstoffes ist das abgetötete Virus. Nun gibt es einen neuen Weg indem man das Konservierungsmittel Thiomersal weg lässt. Diese Quecksilberorganische Verbindung hat immer wieder Diskussionen im Hinblick auf Allergien ausgelöst. Nun erfolgt die Abfüllung des Serums unter anderen Bedingungen, sodass diese Substanz ausgespart werden kann. mymed: Ist auch im Bereich „Akutimpfstoff“ eine Impfversion angedacht oder im Bereich von Impfstoffen für Hochrisikogruppen, wie etwa für Kinder unter einem Jahr? Heinz: Vor einigen Jahren war ein Antiserum am Markt. Die Wirkung dieses im Nachhinein verabreichten Immunglobulins hat sich jedoch als schlecht erwiesen. Es muss innerhalb einer bestimmten Zeit nach dem Zeckenbiss verabreicht werden, andernfalls könnte es die Erkrankung verschlimmern. Die Substanz ist für Kinder bis 14 Jahre in Österreich und Deutschland nicht zugelassen. Für Kinder gibt es jedoch seit heuer neue, niedrig dosierte FSME-Impfungen, sodass kaum mit Nebenwirkungen, wie Fieber, gerechnet werden muss. mymed: Herr Professor, wir danken für das Gespräch.