Finanzen & Börse
Nasdaq könnte vor LSE-Übernahme stehen
Aktienkursanstieg der London Stock Exchange treibt Preis für Angebot nach oben
London - Die US-Technologiebörse Nasdaq könnte
Kreisen zufolge bereits in den nächsten zwei Wochen ein Barangebot
für die London Stock Exchange (LSE) abgeben und damit auch andere
Bieter auf den Plan rufen. Sollte sich die Offerte jedoch länger als
einen Monat hinaus verzögern, sei das gesamte Vorhaben gefährdet,
hieß es in verhandlungsnahen Kreisen am Donnerstag. Grund für den zeitlichen Druck sei der jüngste Aktienkursanstieg
der LSE, der den Preis für ein mögliches Angebot nach oben treibe. Am
Montag hatte die LSE-Aktie bei 503 Pence (8,1 Euro) ein Allzeithoch
markiert. "Das Spiel ist ernsthaft eröffnet", hieß es in mit den
Verhandlungen vertrauten Kreisen. Auch die Deutsche Börse müsse dann
reagieren, sagen Beobachter.
Noch keine fertige Übereinkunft
Eine fertige Übereinkunft zwischen Nasdaq und LSE gebe es aber
noch nicht, hieß es in den verhandlungsnahen Kreisen weiter. Es gebe
zwar keine endgültige, aber eine prinzipielle Entscheidung bei der
Nasdaq für ein Angebot an die LSE. Bei dem beabsichtigten Angebot
werde die Nasdaq die Londoner Minderheitsaktionäre bar abfinden,
während die LSE Aktien an die Nasdaq-Anteilseigner ausgeben würde.
Die Transaktion zwischen der US-Börse und Europas größtem
Aktienmarktbetreiber werde als Fusion unter Gleichen verkauft, hieß
es. Noch vor wenigen Tagen war die Londoner Börse Spekulationen über
eine mögliche baldige Ankündigung einer Fusion entgegengetreten,
hatte aber strategische Gespräche mit verschiedenen Parteien
bestätigt. Bereits Ende April hatte es Spekulationen um
Fusionsgespräche der Nasdaq als weltweit zweitgrößter Börse und der
LSE gegeben, zu denen sich beide Häuser damals nicht äußern wollten.
Nasdaq Brückenkopf in Europa
Die Nasdaq braucht nach Einschätzung von Beobachtern einen
Brückenkopf in Europa, um sich gegen die Konkurrenten Deutsche Börse
und Euronext - der Zusammenschluss der Börsen Paris, Amsterdam,
Brüssel und Lissabon - durchsetzen zu können. Mit einem Angebot der
Nasdaq für die LSE würde aber auch der Druck für die Konkurrenz in
der Börsenlandschaft steigen. Wenn LSE und Nasdaq eine Fusion
ankündigten sollten, müsse Frankfurt reagieren, hieß es in Kreisen,
die mit der Deutschen Börse vertraut sind.
"Ein Zusammengehen der Nasdaq und der LSE wäre in hohem Maße
angreifend." Auch LSE und die Deutsche Börse könnten es zusammen
schaffen, aber es käme auf den Preis an, hieß es. Ende März hatte es
Spekulationen um einen Übernahmeversuch der Deutschen Börse gegeben,
nachdem die groß angekündigte Fusion mit der LSE vor zwei Jahren
geplatzt war. Sowohl der Chef der Deutschen Börse Werner Seifert als
auch die Chefin der Londoner Börse Clara Furse hatten sich wiederholt
positiv zu Zusammenschlüssen mit anderen Börsenbetreibern geäußert.
Analysten gehen davon aus, dass Gegenangebote für die LSE
wenigstens bei 500 bis 530 Pence je Aktie liegen müssten. Die
Deutsche Börse müsse um die 520 Pence für die LSE bieten, obgleich
die faire Bewertung eher bei 400 Pence liege. "Ein Preis um die 500
Pence ist teuer und könnte unattraktiv für die Deutsche Börse sein",
sagte ein Analyst.(APA/Reuters)