Wien - Die Budgetnöte machen das Finanzministerium offenbar erfinderisch. Ins Fadenkreuz der "Geldfahnder" geraten ist einmal mehr die Nationalbank (OeNB). Diesmal geht es allerdings nicht um die heiklen 18 Milliarden Euro an Währungsreserven, sondern um die Beteiligungen der Notenbanker. Ins Visier genommen wurde insbesondere der 33-prozentige OeNB-Anteil an den Casinos Austria (über die Tochter Münze Österreich, Anm.) sowie Firmenanteile, die "nicht zum Kerngeschäft der OeNB gehören". Es ist zu prüfen, was Veräußerungen bringen könnten, weiß ein Insider. "Um das Nulldefizit zu halten und die Steuerreform zu finanzieren, müssen wohl außerordentliche Erträge gehoben werden. Dafür würde sich die Notenbank anbieten", sagt ein Generalrat zum S TANDARD . Diese wären ein klarer Fall für eine Sonderdividende, argwöhnt man in ÖVP-Kreisen, und damit ein bescheidener Ersatz für die Währungsreserven, an die Karl-Heinz Grasser schwer herankommt. Objekt der Begierde Das wahre Objekt der Begierde dürfte überhaupt die Österreichischen Lotterien GmbH sein. Eingeweihte OeNB-Kreise wollen wissen, dass der Magna-Konzern bereits Interesse bekundet habe. Diese würde zu den Pferdewett- und Entertainment-Plänen des Austrokanadiers Frank Stronach passen. Die Magna-Entertainment-Sparte (500 Mio. Dollar Jahresumsatz) soll bekanntlich kräftig ausgebaut werden. Ein erster Schritt ist, wie berichtet, eine gemeinsame Firma mit den Lotterien für Pferdewetten. Dazu passt ein seit Monaten kursierendes Marktgerücht, wonach die Bawag dem Finanzminister im Zuge der P.S.K.-Privatisierung versprochen habe, sich nach dem Ausscheiden von Bawag-Chef Helmut Elsner von ihrem 34-Prozent-Anteil an den Lotterien zu trennen. Dem Vernehmen nach wurde der allseits heftig dementierte "Deal" nur mündlich vereinbart, und es sei fraglich, ob sich die Bawag daran noch halte. "Ausgebuttter Schwachsinn" Zusammen mit den 33 Prozent der Casinos (von der OeNB) und dem Bawag-Anteil wäre Stronach mit einem Schlag der Sieger im Spiel um die Lotterien, das jährlich einen Umsatz von 1,2 Mrd. Euro erwirtschaftet. Magna-Sprecher Andreas Rudas gibt sich zugeknöpft: "Das Thema ist mir neu. Grasser wird permanent irgendetwas mit Magna unterstellt, aber da passt er extrem auf, in keine Diskussion verwickelt zu werden." Deutlicher wird der Sprecher des Finanzministers, Mathias Winkler: "Das ist der ausgebuffteste Schwachsinn, den ich je gehört habe. Das kann nur von völlig verwirrten Gehirnen stammen." Ein anderer OeNB-Generalrat gibt sich (noch) gelassen: "Das sind die Begehrlichkeiten von gewisser Seite, aber solange die ÖVPler im Generalrat die Mehrheit haben, geschieht da nichts." (Luise Ungerboeck, Michael Bachner, Der Standard, Printausgabe, 18.05.02)