Doris Krumpl

Wien - Mit der Mischung aus Verweigerung, Sich-rar-Machen und seltenen Zusagen erzeugt man vorsorgliches Interesse. Einziger Haken: Ein bisschen einen Namen muss man schon dabei haben. Auf David Hammons trifft das alles zu, er ist eines der seltenen, klugen, leisen, sympathisch unehrgeizigen, mit trockenem Humor versehenen anderen Gesichter der Kunstwelt. 1995 weigerte er sich, Vertreter der USA auf der Biennale Venedig zu sein. Wer würde das sonst ausschlagen?

Man kann es fast als eine Ehre bezeichnen, wenn der 1943 im US-Bundesstaat Illinois geborene und in Harlem/ New York lebende Künstler zusagt. Für die Wiener Galerie Christine König agiert Hammons nicht als Künstler, sondern als Kurator. Er nennt sich da selbst "Choreograf" und hat drei seiner Künstlerfreunde eingeladen, alle Afroamerikaner aus Harlem.

Drei Generationen von abstrakten Malern, etwas, das man mit dem Klischee, der Identität "schwarzer Kultur" wohl am wenigsten verbindet. Zeit ihres Lebens haben die drei versucht, sich diesen Definitionen zu entziehen. Denyse Thomasos, die Jüngste von den dreien, widerspricht diesen Annahmen noch dazu mit einer "männlichen" Kunst, die unaufdringlich politische Brisanz enthält: Direkt auf die Wand malt sie Variationen von Architekturmodulen, entnommen von Gefängnissen aller Art.

Stanley Whitney malt unregelmäßige Kuben in Gitterstrukturen, auf deren Wechselwirkung man sich, auf einem roten Sofa sitzend, einlassen kann und soll. Der knapp 80-jährige Ed Clark, ein Weggefährte von Roy Lichtenstein etwa, zieht mit dem Besen Farbschlieren auf seine freien und atmosphärischen Großformate.

Das Bekannte, auch großteils heuer bei Okwui Enwezors Documenta vertreten, könnte man als das "oberflächlich Narrative der afroamerikanischen Kunst" benennen. Die Diskurse ähneln denen der Frauenbewegung, den - früher etwa von Luce Irigaray - behandelten Fragen: Gibt es eine weibliche Schrift?

"Es ist meine Biennale", sagt er, "alles andere als chic, hip, trendy." Deshalb der Titel: As quiet as it's kept. Aber wie schnell, mit einem Promotor wie Hammons, wird genau das unter Verschluss Gehaltene morgen zum großen Trend ausgerufen, in der Art "The New Quietness in Abstract Painting" oder ähnlich Schwachsinnigem? Hammons zuckt mit den Achseln: Könne sein, aber alles ändere sich so rasch. Glaubt Hammons, dass der Kunstbetrieb kollabiert? Darauf der Impresario: "Er kollabiert schon seit 3000 Jahren." Außerdem sei ihm, den die großen Kunstzweifler Duchamp und Beuys nachhaltig beeinflussen, der White Cube zunehmend zuwider und erinnere ihn an eine Irrenanstalt.

Kann Hammons das Wort Identität, ein Zentralbegriff der Documenta, überhaupt noch hören? Er bejaht, beinahe verwundert: "Arte povera, da denkt man sofort an Italien, dasselbe bei Goya oder auch Franz West. Das ist ein Subtext, den jeder versteht." Ja, und noch etwas gibt er kund: "Eine Ausstellung wie hier könnte ich nicht in den USA machen - zu wenig trendy und kommerziell." Nicht umsonst fänden US-Avantgardefilme eher Anklang in Europa als in den Staaten.

(DER STANDARD, Print, Sa./So., 18.05.2002)