"Er hätte eigentlich", bemerkte eine scharfsinnige Beobachterin, "aussehen sollen wie die Katze, die das Schlagobers entdeckte; stattdessen wirkte er wie eine Katze, die vom Scheinwerferlicht erfasst wurde." Sie sprach von Bertie Aherns Auftreten während der einzigen politischen Debatte dieses Wahlkampfs. Aber schadete der eher stümperhafte Auftritt den Wahlchancen des abtretenden irischen Premierministers? Mitnichten.

Er wird mit höchster Wahrscheinlichkeit sein eigener Nachfolger werden, vielleicht gar mit der ersten absoluten Mehrheit seit 25 Jahren.

Bertie, wie ihn alle nennen, ist der ideale Schwiegersohn und Zechkumpan gleichzeitig - eine unwiderstehliche Kombination. Er verdiente seine Sporen als Sekretär des früheren Premierministers Charles Haughey, der sich in der Zwischenzeit als einer der korruptesten Politiker Europas entpuppte. Schadete diese Verbindung Bertie, der damals Blankoschecks für Haugheys privaten Luxusbedarf unterschrieb? Eben. Daher auch der Spitzname Teflon-Bertie.

Ahern führte einst die Parlamentsfraktion seiner Fianna-Fáil-Partei wie gefügige Schäfchen und schlichtete Streiks im öffentlichen Dienst nach Feierabend. Es gibt letztlich nur Politik in seinem Leben, nach getaner Arbeit ist er bei Fagan's an der Drumcondra Road auf der Dubliner Nordseite bei einem Krügel zu finden oder gleich nebenan bei Kennedy's.

Allerdings lebt Bertie in Sünde: Er ist getrennt von der Mutter seiner Kinder und lebt mit seiner früheren Sekretärin Celia Larkin zusammen, weigert sich aber standhaft, einer Scheidung zuzustimmen. Denn der Premierminister Irlands ist regelmäßiger Messgänger; als er Finanzminister war, verlas er seinen Haushalt mit dem Aschenkreuz auf der Stirn, und als er seinen - gescheiterten - Plan zur Verschärfung des Abtreibungsrechts bekannt gab, prangte auf seiner Stirn ebenfalls viel sagend der graue Fleck.

Seit Ahern sein Markenzeichen, eine abgetragene Windjacke, mit dem Nadelstreifenanzug vertauschte, gehören diese Widersprüche zu seiner Identität. Kuhäugig kann er versichern, dass Popularität in einem Wahlkampf keine Rolle spielt, nur um gleich zum nächsten Fototermin zu rennen. Er behauptet, diesen Wahlkampf nicht aufgrund seiner vergangenen Leistungen geführt zu haben, sondern mit seiner Zukunftsvision - und leiert dann die Wachstumsprozente der letzten Jahre herunter.

Kein Wunder, wird er von Irlands bestem Karikaturisten, Martyn Turner in der Irish Times, noch immer in der Windjacke abgebildet. Denn Bertie Ahern ist, so verriet sein früherer Mentor Haughey in einem unbedachten Augenblick der Öffentlichkeit, "der schlaueste und verschlagenste von allen". (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18./19./20.5.2002)