Viele Monate lang hat es in den USA nach Schulterschluss, parteiübergreifendem Antiterrorkampf und ähnlichen würzigen nationalen Duftnoten gerochen. Seit Tagen liegt ein neues Parfum in der Luft. "Es riecht nach Politik": Mit dieser Feststellung hat George Bush die Versuche einiger führender Demokraten quittiert, die Informations- und Sicherheitspolitik seiner Regierung vor und nach dem 11. September einer peinlichen Überprüfung zu unterziehen.

Bush wird von seinem Geruchsinn nicht genarrt. Seit September befindet sich der Präsident in einem dauerhaften, für die Demokraten höchst unwillkommenen Popularitätshöhenflug. Jeder Versuch, ihn - auch im Hinblick auf die Kongresswahlen im November - auf seine Normalgröße zu reduzieren, mündete bisher in blanker Frustration. Niemand wollte Gefahr laufen, sich nachsagen lassen zu müssen, dass er dem Chef der Nation just in Kriegszeiten aus kleinlichen Motiven in den Rücken fällt.

Kein Wunder also, dass sich die Demokraten jetzt mit einer recht scheinheiligen Verve über die Enthüllung eines FBI-Agenten hermachen, die Regierung sei schon im Vorfeld von 9/11 über die "Möglichkeit" von Anschlägen informiert gewesen: Diesmal lässt sich die Kritik ja trefflich so formulieren, als entspränge sie der puren Sorge um die nationale Sicherheit. Soweit der Sachverhalt geklärt ist, hat sich die Bush-Regierung aber wohl nicht mehr vorzuwerfen als eine verunglückte Informationspolitik. Aus einem Flickwerk von Informationen exakte Schlüsse auf den Terror des 11. 9. zu ziehen wäre Geheimdiensten und Regierung zusammen mit großer Wahrscheinlichkeit unmöglich gewesen. Insofern ist die puterrote Entrüstung, mit der die Demokraten andeuten, dass sie das Sicherheitsgeschäft selbst besser besorgt hätten, fadenscheinig und unfair. Freilich: Der Geruch der Fairness und der Duft der Politik haben sich schon häufig deutlich voneinander unterschieden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18./19./20.5.2002)