Wien - Der Auftritt des in Südafrika lebenden umstrittenen "Historikers" Claus Nordbruch am 9. Mai in den Räumlichkeiten des Rings Freiheitlicher Studenten in Wien beschäftigt nun die Gerichte: "Wegen Verdachts des Vergehens nach Paragrafen 3d und 3g Verbotsgesetz" hat das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) nun eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt - mit der Bitte um Überprüfung der strafrechtlichen Relevanz."Kein Tag der Befreiung" Das Dokumentationsarchiv beruft sich dabei auf eine Abschrift des Referats von Nordbruch, die dieser auf seine eigene Homepage gestellt hat. Demnach sagte der vom DÖW und vom Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen als rechtsextremistisch bezeichnete "Historiker": "Dieses Datum (der 8. Mai 1945, an dem das NS-Regime zusammenbrach, Anm.) ist entgegen kommunistischer Propaganda und der Vorgabe politisch korrekter Denkschablonen eben kein Tag der Befreiung." Die meisten "Angehörigen unserer Nation" würden diesen Tag mit "Zusammenbruch, Verzweiflung und Trauer, mit Entrechtung und Erniedrigung, mit Verlust der Heimat, Verschleppung und Zwangsarbeit" verbinden. An anderer Stelle sprach Nordbruch von einem "Raubzug der Alliierten durch die Geisteswelt des Deutschen Reiches". Dieser beweise, dass sich die deutsche Forschung jener Zeit durch eine schier unerschöpfliche Vitalität und Produktivität auszeichnete". Der Aufschwung ... Über Österreich meinte er: "Während der kurzen Zeit der Vereinigung mit Deutschland zum Großdeutschen Reich erlebte Österreich einen ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung." Als "integrierter Bestandteil Deutschlands" habe Österreich in wirtschaftlicher Hinsicht "heller denn je nach dem Ersten Weltkrieg" gestrahlt. Die Alliierten bezichtigte er der "Diebstähle und Menschenrechtsverletzungen", für die sie "nie die Verantwortung übernommen" hätten. Nordbruch verlangte einen Friedensvertrag "zwischen den Siegermächten und Deutschland", in dem "die Frage nach Wiedergutmachung, Entschädigung und anderen Leistungen sowie gerechte Grenzregelungen" gelöst werden sollte. Nachsatz: "Wobei es vollkommen unbedeutend ist, ob einzelne, nicht souveräne Teile Deutschlands die Nachkriegsregelung als endgültig geregelt betrachtet hatten." Interview-Aussagen Das DÖW führte auch ein Interview Nordbruchs mit dem Wochenmagazin "Format" (Nr. 20/2002) an: Dabei "leugnete Nordbruch, dass die Waffen-SS eine 'nationalsozialistische Untergruppe' war", heißt es in der Sachverhaltsdarstellung. Das Dokumentationsarchiv wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Waffen-SS im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess als verbrecherische Organisation qualifiziert wurde. Nordbruch nannte sie laut DÖW eine "antibolschewistische Freiwilligenbewegung", in der "für ein gemeinsames Ziel" bzw. "für ein freies Europa" gekämpft worden sei. Das Dokumentationsarchiv wies außerdem auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (Evidenzblatt 68/1968) hin, in der er zum Begriff "Betätigung im nationalsozialistischen Sinn" u. a. ausführte: "Somit stellt sicherlich nicht nur das ausdrückliche Gutheißen, sondern auch eine Verherrlichung nationalsozialistischer Einrichtungen, aber auch nationalsozialistischer Ziele, wie sie durch eine unsachlich einseitige und propagandistisch vorteilhafte Darstellung zum Ausdruck gebracht wird, schlechthin, insbesondere in Druckwerken, objektiv eine Betätigung im nationalsozialistischen Sinn dar." Das DÖW will auch eine Mitverantwortung der an der Veranstaltung beteiligten Verbände bei einem Verstoß gegen das Verbotsgesetz überprüft wissen. Dabei nannte das Dokumentationsarchiv den Ring Freiheitlicher Studenten (RFS), den Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ), den Wiener Korporierten Ring (WKR) sowie den Ring Volkstreuer Verbände (RVV). (APA)