Graz/Wien - "Unser nun von der Europäischen Raumfahrtbehörde Esa unter 25 Kandidaten ausgewähltes Projekt ist das erste, das global die Atmosphäre vermessen kann", berichtet Klimaforscher Gottfried Kirchengast (Institut für Geophysik, Astrophysik und Meteorologie der Uni Graz) dem STANDARD: "Damit erschließen wir wissenschaftlich völliges Neuland und können für die politischen Entscheidungen in Klimafragen die erforderlichen Daten liefern."Das Projekt heißt "Atmosphere and Climate Explorer (ACE+-)", besteht aus vier Satelliten und soll im Grunde dasselbe leisten, was heute Wetterstationen an der Hauswand leisten: Temperatur, Luftdruck und -feuchtigkeit der Umgebung höchst präzise messen. Nur ist die Umgebung bei ACE+- größer: "Es ist ein globales Thermo-, Baro- und Hydrometer", erklärt Kirchengast, "das in bisher nicht möglicher Präzision die ganze Atmosphäre vermessen wird." Diese Präzision gilt vor allem einem Bestandteil der Atmosphäre, dem Wasserdampf, der zwar das stärkste Treibhausgas ist, bisher aber nur unzureichend gemessen werden kann. "Der Wasserdampf hat bei der Esa-Entscheidung mit den Ausschlag für uns gegeben", berichtet Kirchengast, "den kann nicht einmal die Nasa messen, da wird die europäische Klimabeobachtung vorne sein." Eicht sich selbst Der zweite Entscheidungsgrund für ACE+- lag in der Messmethode: Vier Satelliten werden Signale des Global Positioning System empfangen, und zwar jeweils zwei: Eines geht durch den leeren Weltraum, das andere geht durch die Atmosphäre und wird von deren jeweiligen Bedingungen verändert. "Wir messen nicht die Stärke des Signals selbst, sondern den Unterschied beider Signale", erklärt Kirchengast, "deshalb müssen wir unser System nicht eichen, es eicht sich selbst." Starten soll das 120-Millionen-Europrojekt 2007/2008. Dann soll es mit seinen Messungen auch Klimavorhersagen ermöglichen, die sich mit heutigen Wettervorhersagen messen können. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18. - 20. 5. 2002)