EU
Stoiber stellt EU-Beitritt Tschechiens in Frage
Unionskanzlerkandidat fordert Aufhebung der Benes-Dekrete - Zeman verteidigt Vertreibung: Sie wollten "heim ins Reich"
Nürnberg/Prag - Der Kanzlerkandidat der deutschen
Unionsparteien (CDU/CSU) Edmund Stoiber hat als Bedingung für den
EU-Beitritt Tschechiens die Aufhebung der Benes-Dekrete gefordert.
"Wer im Jahr 2002 in Europa Vertreibung und Entrechtung verteidigt,
die über 57 Jahre zurückliegen, der muss sich von allen Europäern
fragen lassen, wie europatauglich er ist", sagte Stoiber auf dem 53.
Sudetendeutschen Tag am Sonntag in Nürnberg. Der CSU-Chef warf der
rot-grünen Bundesregierung vor, sich nicht genug für die Anliegen der
Vertriebenen eingesetzt zu haben. Die Regierung habe deren Anliegen "ins Museum der deutschen
Geschichte" stellen wollen, kritisierte Stoiber. Doch bloßes
Stillhalten und Verschweigen führe zu nichts. Vor dem EU-Beitritt
müssten gemäß den Kriterien von Kopenhagen die Benes-Dekrete
aufgehoben werden, forderte der CSU-Chef. Die Vertriebenen-Vertreter
reagierten mit großer Zustimmung auf den Auftritt des bayerischen
Ministerpräsidenten.
Die Vertreibung sei eine bleibende Wunde und ein fortdauerndes
Unrecht. "Die Sudetendeutschen wünschen, dass das Unrecht der
Vertreibung benannt, bedauert und geheilt wird", sagte der CSU-Chef.
Stoiber kritisierte, ein Großteil der politischen Elite in der
Tschechischen Republik könne sich nicht vom alten nationalistischen
Denken lösen. "Wer am Beginn des 21. Jahrhunderts die Vertreibung der
Sudetendeutschen zur Nachahmung empfiehlt, der verletzt in eklatanter
Weise die europäische Hausordnung", sagte er.
Stoiber versicherte, dass er als Kanzler "in dem festen Willen
durch gemeinsame Bemühungen die Folgen der leidvollen Kapitel der
gemeinsamen Geschichte zu bewältigen" auf die tschechischen Nachbarn
zugehen würde. Er unterstütze auch die Idee, aus tschechischen
Mitteln einen Versöhnungsfonds für die vertriebenen Sudetendeutschen
einzurichten.
Prager Premier Zeman verteidigt Vertreibung der Sudetendeutschen
Zeman verteidigt Vertreibung
Der tschechische Ministerpräsident Milos Zeman
hat am Sonntag die Vertreibung der Sudetendeutschen aus der
Tschechoslowakei verteidigt. Weder die tschechische, noch die
slowakische Nation hätten die direkten oder indirekten Schuldigen des
Weltkrieges nach Theresienstadt, Majdanek, Auschwitz oder in andere
Konzentrationslager geschickt, sondern ihnen im Gegenteil "einen
Wunsch erfüllt", betonte der Sozialdemokrat während eines Trauerakts
in der Gedenkstätte Terezin (Theresienstadt): "Sie wollten 'heim ins
Reich', und dahin gingen sie auch." (APA/AP/dpa)