Etat
Premiere benötigt Überbrückungskredit
Zur Sicherung des Fortbestands und Ausstrahlung der Fußball-WM
München - Der finanziell angeschlagene
Kirch-PayTV-Sender Premiere braucht in den kommenden Wochen einen
Überbrückungskredit der Banken, um seinen Fortbestand zu sichern und
wie geplant die Fußball-Weltmeisterschaft auszustrahlen. "Ohne eine
weitere finanzielle Hilfe der Kreditinstitute wird es sehr schwierig,
ein Sanierungskonzept mit neuen Investoren zu verwirklichen", sagte
der vorläufige Insolvenzverwalter der Premiere-Dachgesellschaft
KirchPayTV, Joseph Füchsl, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"
(FAZ) (Samstag-Ausgabe). Premiere-Chef Georg Kofler sagte in einem Vorabbericht der "Welt
am Sonntag": "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir bis Mitte Juni
einen Geschäftsplan vorlegen können, der uns eine
Zwischenfinanzierung sichert." Den von den Banken ab Mitte Juni
bereitzustellenden Zwischenkredit bezifferte Füchsl auf einen
niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag.
Kontakte mit Interessenten
Kofler hatte nach dem Insolvenzantrag der
Premiere-Muttergesellschaft KirchPayTV Anfang Mai in einem
Reuters-Interview gesagt, dass der Fortbestand des Bezahlsenders bis
Mitte Juni gesichert sei. Bis dahin wolle er mit den Lieferanten von
Film- und Sportrechten über eine drastische Kostenreduzierung
verhandeln. Ab Mitte Juni wolle Kofler dann mit dem neu
ausgearbeiteten Sanierungskonzept, mit dem jährlich 500 Millionen
Euro eingespart werden sollen, strategische Investoren für seinen
Sender gewinnen. Nach Informationen der FAZ ist dafür ein Zeitraum
von zwei Monaten vorgesehen. Füchsl bestätigte laut FAZ, dass es
Kontakte mit Interessenten gebe.
Nachdem bereits Anfang April die Kirch-Kerngesellschaft KirchMedia
Insolvenz beantragt hatte, stellte Anfang Mai auch die
Premiere-Dachgesellschaft KirchPayTV Antrag auf Insolvenz. Der
Betrieb des Senders Premiere und die Übertragung der im Juni
stattfindenden Fußball-Weltmeisterschaft seien aber nicht gefährdet,
hatte Kofler damals gesagt. Der "Welt am Sonntag" antwortete er nun
auf Frage, ob die Bildschirme schwarz werden, wenn die Banken eine
Zwischenfinanzierung verweigerten: "Endgültige Sicherheit gibt es im
Leben bekanntlich leider nie". Bis zum Erreichen der Gewinnschwelle
im ersten Halbjahr 2004 liegt der Finanzierungsbedarf für Premiere in
einem dreistelligen Millionen-Euro-Bereich.
PayTV-Insolvenzverwalter Füchsl hatte nach Angaben der FAZ
bereits am Mittwoch dieser Woche mit der Bayerischen Landesbank und
der HypoVereinsbank über den Zwischenkredit verhandelt. Dabei hätten
die Geldhäuser ein Entgegenkommen signalisiert, berichtet die FAZ.
Bankenkreisen zufolge ist die Bayern LB mit knapp 500 Millionen Euro
und die HypoVereinsbank mit rund 250 Millionen Euro bei KirchPayTV
engagiert. Vor allem der überteuerte Einkauf von Film- und
Sportrechten bei US-Filmstudios wie Warner Brothers oder Disney und
Sportveranstaltern wie der Fußball-Bundesliga hatten Premiere nie aus
den roten Zahlen kommen lassen.
Bei den Neuverhandlungen über die Preise für die
Fußball-Bundesliga hält sich Kofler gegenüber der Deutschen
Fußball-Liga (DFL) mit Garantiezusagen zurück. "Wir werden versuchen,
den Vertretern der DFL ein Angebot zu unterbreiten, mit dem sie leben
können. Ich bin aber nicht sicher, ob das alles ganz risikofrei
geht", sagte er der "Welt am Sonntag". Premiere konnte Kofler zufolge
seit Anfang Mai netto 15.000 neue Abonnenten gewinnen. Er erwarte
aber "keinen großen Ansturm in den beiden kommenden Wochen vor dem
WM-Start".
Unterdessen hat die Konzern-Dachgesellschaft der Kirch-Gruppe,
Taurus Holding, nach Angaben der FAZ bestritten, dass die zu
Wochenbeginn vorzeitig ausgeübte Verkaufsoption des britischen
Kirch-PayTV-Gesellschafters BSkyB wirksam ist. Die Option könne erst
ausgeübt werden, wenn Landesbank und HypoVereinsbank ihre Kredite an
Kirch-PayTV fällig gestellt hätten, was bisher nicht der Fall sei,
zitiert die FAZ einen Kirch-Sprecher. BSkyB hatte zu Wochenbeginn
ihre Put-Option gegen Taurus genutzt und will damit ihren
22-prozentigen Anteil an der insolventen Kirch-PayTV-Sparte im Wert
von rund 1,7 Milliarden Euro zurückverkaufen. Taurus steht damit
ebenfalls vor der Insolvenz. (APA/Reuters)