Linz/Wien - Nur sieben Prozent der Österreicher halten das in Graz von der FPÖ gestartete Bürgerwehr-Projekt für "sehr sinnvoll", weitere 30 Prozent halten es für teilweise sinnvoll - aber mehr als die Hälfte der Österreicher hält es für weniger (22 Prozent) oder gar nicht (29 Prozent) sinnvoll. Zwei Drittel der Befragten sagen unmissverständlich, dass die selbst ernannten Bürgerschützer keinesfalls Waffen tragen dürften, was übrigens auch von FP-Anhängern so gesehen wird.Eine vom Linzer market-Institut für den STANDARD durchgeführte Umfrage belegt obendrein, dass ein Großteil der Österreicher gar nicht den Eindruck hat, dass es in Österreich unsicher wäre. "Besonders im eigenen Bereich fühlen sich die Österreicher ziemlich sicher", sagt David Pfarrhofer von market. DER STANDARD ließ fragen, ob sich die öffentliche Sicherheit in Österreich in den letzten vier Jahren verbessert oder verschlechtert habe - je ein Viertel der Befragten sah eine Verbesserung beziehungsweise eine Verschlechterung der Lage, für jeden zweiten Befragten hat sich gar nichts verändert. Auf die Nachfrage, "wie das in Ihrer eigenen Wohn-und Arbeitsumgebung" sei, sagten dagegen 31 Prozent, man könne sich da heute sicherer fühlen als vor vier Jahren, nur 13 Prozent fühlen sich weniger sicher. Aber auch diese kleine Gruppe steht dem Bürgerwehr-Experiment nicht signifikant aufgeschlossener gegenüber als der Rest der Bevölkerung. Hohe Zustimmung hat das Projekt Bürgerwehr vor allem im harten Kern der bekennenden FPÖ-Wähler. "Eine gewisse Hoffnung knüpft aber doch ein weiterer Kreis von Befragten an derartige Einrichtungen - 45 bis 46 Prozent können sich zumindest Beiträge zur Sicherheit vorstellen. Hilft's nix, schadet's nix Drei Viertel meinen auch, dass die Polizei Hinweisen der Bürgerwehr nachgehen soll. So nach dem Motto: ,Hilft's nix, so schadet's nix'", sagt Pfarrhofer. Andererseits sagen 43 Prozent, dass "das Fotografieren und Filmen der Bürgerwehr eine Belästigung darstellt" - eine Sorge, die vor allem bei den datenschutzbewussten höheren Bildungsschichten verbreitet ist. Wenn es dann aber ans Eingemachte geht und die konkreten Tätigkeitsbereiche der Bürgerwehr abgefragt werden, gibt es zumindest einige Aspekte, die mehrheitlich positiv gesehen werden. So meint eine Mehrheit der Befragten, dass eine Bürgerwehr zum Schutz der Kinder und zur Unterbindung von Trinkgelagen in öffentlichen Parks dienen könnte - auch eine Stärkung der Zivilcourage wird durch die Bürgerwehr erwartet. Wiederum sind es die höher Gebildeten, die generell weniger positive Auswirkungen der Bürgerwehr erwarten. Die Bekämpfung des Drogenhandels ist ein selbst gestecktes Ziel der Grazer Bürgerwehr - und das Thema belegt auch einen Spitzenplatz unter der Mängelliste, die die market-Umfrage im Bereich der polizeilichen Arbeit herausbringt. Allerdings zeigt die Grafik, dass gerade bei der Drogenkriminalität wenig auf die "Hilfe" der Bürgerwehr gesetzt wird. Wenn es aber schon eine Bürgerwehr gibt, dann sollte sie nach Meinung der Österreicher auch ernst genommen werden. Das ergibt sich aus den doch recht klaren Antworten auf die Frage nach der möglichen Verwertung von Bürgerwehr-"Erkenntnissen". Die STANDARD-Frage: "Wie sollen Ihrer Meinung nach Polizei und Gendarmerie auf die Bürgerwehr reagieren?" Dazu wurden drei Möglichkeiten vorgeschlagen:
  • "Sollen Polizei und Gendarmerie eher gegen die Bürgerwehr auftreten und deren Arbeit unterbinden" - das wünschen sich neun Prozent, darunter besonders viele deklarierte Sozialdemokraten und Grüne;
  • "Soll die Exekutive die Bürgerwehr eher ignorieren" - was ebenfalls jeder zehnte Befragte befürwortet;
  • "Soll die Exekutive zusammenarbeiten und Verdachtsfällen der Bürgerwehr nachgehen?" Dies erscheint 74 Prozent (besonders Anhängern der Regierung) sinnvoll.
Welche Partei profitiert nun von der Sicherheitsdiskussion? Die market-Daten lassen darauf keinen eindeutigen Schluss zu. Die Frage "Wenn Sie an Ihr Umfeld denken - welche Partei setzt sich da am ehesten dafür ein, dass es in dem Umfeld, wo Sie leben, sicher ist?", ließ jeder Zweite unbeantwortet - beim Rest haben ÖVP (19 Prozent) und SPÖ (17 Prozent) etwa gleich viel Vertrauen, die FPÖ folgt mit elf Prozent und die Grünen werden nur von drei Prozent als Sicherheitspartei gesehen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.05.2002)