Nahost
Zwangsexilierte Palästinenser in EU-Aufnahmeländer gebracht
In zwei Gruppen nach Italien, Griechenland, Spanien, Portugal, Irland und Belgien - Familien dürfen nachkommen
Madrid/Athen/Rom - Das Drama um die 13 zwangsexilierten
Palästinenser, die sich wochenlang in der von der israelischen Armee
belagerten Geburtskirche in Bethlehem verschanzt hatten, hat ein
vorläufiges Ende genommen. Die Männer wurden am Mittwoch unter
strengen Sicherheitsvorkehrungen mit zwei Flugzeugen in ihre
Aufnahmeländer in die Europäische Union gebracht. Ein spanisches und
ein italienisches Flugzeug holten zwölf der Palästinenser in Zypern
ab, wohin sie von Israel abgeschoben worden waren. Einer von ihnen
bleibt bis auf weiteres auf der Mittelmeerinsel. Ein italienisches Geheimdienst-Flugzeug transportierte drei
Palästinenser nach Rom, wo sie nach Angaben der Nachrichtenagentur
ANSA an einen unbekannten Ort gebracht wurden. Eine spanische
Militärmaschine nahm neun Mitglieder der Gruppe auf. Sie setzte zwei
von ihnen in Athen ab und flog weiter nach Madrid. Drei der
Palästinenser sollen in Spanien aufgenommen werden. Zwei sollten nach
Irland weiterreisen und je einer nach Portugal und Belgien.
"Wenn die EU sich nicht eingeschaltet hätte, würden heute noch
israelische Truppen die Geburtskirche umstellen und das Hauptquartier
des palästinensischen Präsidenten in Ramallah belagern", sagte der
EU-Ratspräsident und spanische Außenminister Josep Pique. Die 13
Palästinenser, die von Israel als gefährliche Terroristen eingestuft
werden, waren am 10. Mai nach Zypern abgeschoben worden. Nach zähen
Verhandlungen verständigten sich die EU-Staaten auf einen Schlüssel
für die Verteilung auf die Aufnahmeländer.
Überwacht in Freiheit
Die Palästinenser sollen in den EU-Staaten in Freiheit leben,
jedoch überwacht werden. Die Überwachung verfolge einen doppelten
Zweck, verlautete aus unterrichteten Kreisen in Athen. Zum einen
sollten die Palästinenser vor möglichen Angriffen geschützt werden,
zum andern solle sichergestellt werden, dass von ihnen keine
Störungen ausgingen. Die in Athen aufgenommenen Männer wurden vom
Leiter der palästinensischen Vertretung am Flughafen empfangen und in
einem Hotel untergebracht. In Madrid sollte das Rote Kreuz sich um
die Unterbringung kümmern.
Aufnahme für ein Jahr
Die Palästinenser dürfen nach Angaben des EU-Sonderbeauftragten
für den Nahen Osten, Miguel Angel Moratinos, in den Aufnahmestaaten
studieren oder arbeiten. Sie sollen zunächst für ein Jahr in den
EU-Ländern bleiben, dürfen diese aber nicht verlassen. Die drei
Palästinenser in Italien werden an einem geheim gehaltenen
Aufenthaltsort bewacht und dürfen sich im Land nicht frei bewegen.
Sollten sie ohne Erlaubnis ihren Aufenthaltsort verlassen, können sie
nach einem Dekret der italienischen Regierung umgehend des Landes
verwiesen werden. Die Kosten für den Aufenthalt der drei
Palästinenser wird mit 600 000 Euro angegeben.
Es sei grundsätzlich möglich, dass ihre Familien nachzögen, sagte
Pique. Israel habe sich verpflichtet, keine Auslieferungsgesuche zu
stellen. Falls doch ein Staat die Auslieferung verlangt, wollen sich
die EU-Länder auf ein gemeinsames Vorgehen einigen.(APA/dpa)