Steuern
Fiedler: Kein Spielraum
Rechnungshof-Präsident: "Quadratur des Kreise" - Auch Wifo-Chef Kramer skeptisch
Wien - Rechnungshofpräsident Franz Fiedler sieht derzeit keinen Spielraum für eine Steuerreform. "Das wäre die Quadratur des Kreises", meint er. Eine "spürbare" Steuerreform schon im Jahr 2003 könne nicht durchgeführt werden, ohne das Nulldefizit zu gefährden.Die Einnahmen aus den Budgetsanierungsmaßnahmen müssten zur Gänze für das Nulldefizit aufgewendet werden. Und die Verwaltungsreform-Maßnahmen würden noch nicht reichen, um eine Steuerreform zu finanzieren. Also müsste die Regierung vom Nulldefizit-Ziel abrücken. Damit würde sie "restlos unglaubwürdig". Eine Steuerreform, die "den Namen wirklich verdient", müsste ein Volumen von mindestens 2,5 Milliarden Euro haben. Diese seien aber nicht verfügbar; allenfalls ein "Minireförmchen" wäre 2003 drinnen. Fiedler: "Aber das verpufft und bringt niemandem etwas." (red)
Kramer: "Steuerveränderungen"
Mit weniger kantigen Worten, aber sinngemäß ähnlich
wie Rechnungshofpräsident Franz Fiedler am Pfingstwochenende, äußerte
sich der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo), Helmut
Kramer, am Dienstag zur Polarität von steuerlicher Entlastung und
Nulldefizit. "Ob das Wort Reform gerechtfertigt ist werden wir erst
sehen", sagte Kramer beim Investment-Congress iCON 2002 der
Wirtschaftsuniversität Wien. Er, Kramer, verwende lieber das Wort
"Steuerveränderungen", wenn es nur um die Senkung von Lohnnebenkosten
und möglicherweise auch der Lohn- und Einkommensteuer am untersten
Ende der Tarifskala gehe.
Fragezeichen
Das Wifo gehe davon aus, dass die Bundesregierung das
ausgeglichene Budget nicht in Frage stellen wolle, sagte Kramer.
Aussagen zur europäischen Konjunktur seien derzeit aber nicht
möglich, da es keine Zahlen von der EU-Kommission gebe, die erst
klare politische Festlegungen wesentlicher Mitgliedsländer wie
Deutschland zur Finanz- und Budgetpolitik abwarten wolle. Das Wifo
könne sich derzeit zur europäischen Konjunktur nur auf klimatische
Einschätzungen stützen, es gebe noch nicht einmal die
Produktionsdaten für Februar aus Brüssel. Bisher zeige sich jedoch,
dass das Auftragsniveau und die Exporte sich in den ersten Wochen
2002 gegenüber Dezember 2001 wesentlich verbessert hätten.
Lagerbestände seien abgebaut worden, das Konsumklima stagniere aber.
Es sei davon auszugehen, dass sich die europäische wie auch die
österreichische Konjunktur im 1. Quartal 2002 nach Realdaten
verbessert habe.
Im Jahr 2001 sei Österreich mit einem realen BIP-Zuwachs von 1
Prozent in der EU nur von Deutschland mit 0,6 Prozent "untertroffen"
worden. Andere EU-Länder hätten teils Jahreswachstumsraten von 2
Prozent erzielen können. Grund hiefür sei in Österreich, dass hier
die Budgetkonsolidierung wesentlich ambitionierter als im
europäischen Durchschnitt betrieben worden sei. Dazu sei eine
Baukrise gekommen, ausgelöst durch ungenügende
Finanzierungsmöglichkeiten öffentlicher Vorhaben, eine allgemeine
Marktsättigung sowie dem Ende des Booms der Althaussanierung. Auch
die fehlende Nachfrage vom größten Handelspartner Deutschland habe
eine Rolle gespielt.
Leichen im Keller
Kramer warnte davor, dass die Bundesregierung jetzt notwendige
Sozialreformen unterlasse, indem sie "sich eineinhalb Jahre
zurücklehnt, um Wahlkampf zu spielen". Es würden "Leichen im Keller
schlummern, die man sanieren muss, um die Entwicklung der
Volkswirtschaft langfristig abzusichern", sprach Kramer vor allem
Reformen im Pensionssystem an.(APA)