Wien - Bei der Uni-Reform ist Bildungsministerin Elisabeth
Gehrer (V) den KritikerInnen in einigen Punkten entgegen gekommen.
Die Regierungsvorlage des Universitätsgesetzes (UG), die vergangenen Dienstag
den Ministerrat passierte, entspricht in den Grundzügen Gehrers
ursprünglichen Plänen, in Detailfragen wurden viele Einwände der
vergangenen Monate berücksichtigt. So gibt es Änderungen bei der
Beschickung und den Aufgaben des Uni-Rats. Außerdem dürfen bzw.
müssen auch unterhalb des Senats entscheidungsbefugte Kollegialorgane
eingerichtet werden. Den StudentInnen ist man in Prüfungsfragen und bei
der Mitbestimmung entgegengekommen. Fix ist die Einrichtung von
Medizin-Universitäten in Wien, Graz und Innsbruck.
Ausgliederung
Mit dem UG werden die Unis aus der Bundesverwaltung ausgegliedert
und zu juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Sie erhalten
dreijährige Globalbudgets, über die sie frei verfügen können,
schließen mit dem Bildungsressort Leistungsvereinbarungen ab und
werden Arbeitgeber ihres Personals. Trotz Vollrechtsfähigkeit besteht
weiterhin eine gesetzliche Verpflichtung des Bundes zur Finanzierung
der Hochschulen, die nach wie vor der staatlichen Rechtsaufsicht
unterliegen. In drei-jährigen Leistungsvereinbarungen werden ab 2007
zwischen Bund und Uni wissenschaftlich und gesellschaftlich
erwünschte Ziele festgelegt.
Das Globalbudget setzt sich aus einer Grundfinanzierung und einer
leistungsabhängigen Komponente zusammen. Diese beträgt höchstens 20
Prozent des Globalbudgets und wird "anhand von qualitäts- und
quantitätsbezogenen Indikatoren" bemessen. Sollte eine Universität
vereinbarte Leistungen nicht erbringen, gibt es prozentuelle
Obergrenzen für die Reduktion des Uni-Budgets, um eine
Aufrechterhaltung des Betriebs zu gewährleisten.
Gegenüber den ursprünglichen Plänen unverändert ist die Struktur
der künftigen Uni-Leitung geblieben: Sie besteht aus Uni-Rat,
Rektorat und Senat. Allerdings wurden die Kompetenzen des Uni-Rats
deutlich reduziert, ihm kommen nun fast nur mehr Aufsichts- und
Genehmigungsfunktionen zu. Die zu starke operative Ausrichtung des
Rates war einer der Haupt-Kritikpunkte der vergangenen Monate.
Veränderte Zusammensetzung des Rats
Änderungen gibt es auch bei der Zusammensetzung des Rats. Statt
gesetzlich fixierten fünf Mitgliedern kann nun jede Uni wählen, ob
das auf fünf Jahre gewählte Gremium aus fünf, sieben oder neun
Personen besteht. Abhängig davon werden zwei, drei oder vier
Mitglieder von der Bundesregierung auf Vorschlag der
Bildungsministerin und ebenso viele vom Senat bestellt. Eine weitere
Person soll von den Rats-Mitgliedern einvernehmlich bestimmt werden.
Bei Nicht-Einigung wählt der Senat aus einem Dreier-Vorschlag der
Akademie der Wissenschaften. Uni-Räte dürfen keine aktiven Politiker,
keine Mitarbeiter des Bildungsministeriums sowie der jeweiligen
Universität sein.
Die Unis sollen künftig nicht durch ein monokratisches Organ, den
Rektor, sondern durch eine kollegiale Führung, das Rektorat
(bestehend aus Rektor und bis zu vier Vizerektoren, die für vier
Jahre bestellt werden), geleitet werden. Das Rektorat erstellt den
Vorschlag für Entwicklungs- und Organisationsplan und die
Leistungsvereinbarung, ernennt die Leiter von untergeordneten
Organisationseinheiten (z.B. Institutsvorstände) und entscheidet über
die Budgetzuteilung. Der Rektor ist Dienstvorgesetzter der
Uni-Angehörigen und beruft die Uni-Professoren.
Im aus zwölf bis 24 Mitgliedern bestehenden Senat haben - wie
ursprünglich geplant - die ProfessorInnen die absolute Mehrheit. Die
StudentInnen stellen ein Viertel der Mitglieder, der Rest verteilt sich
auf die so genannten "anderen Universitätslehrer mit Lehrbefugnis"
(bisher außerordentliche ProfessorInnen bzw. DozentInnen),
"wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter" (bisher
AssistentInnen) und "allgemeines Universitätspersonal". Der Senat
erstellt den Dreiervorschlag für die Rektors-Wahl, entsendet
VertreterInnen in den Uni-Rat und erlässt die Grundverfassung (Satzung)
der Uni.
Senat kann auch unterhalb der Leitungsebene entscheidungsbefugte Kollegialorgane einrichten
In der Satzung können die Unis autonom ihre Gliederung etwa in
Fakultäten und Institute festlegen. Entgegen den ursprünglichen
Plänen kann der Senat auch unterhalb der Leitungsebene
entscheidungsbefugte Kollegialorgane einrichten, vorgeschrieben sind
solche in Berufungs- und Habilitationsverfahren sowie für die
Erstellung von Studienplänen. Habil- und Berufungskommissionen
entscheiden vollkommen autonom, alle anderen Beschlüsse eines
unterhalb des Senats eingerichteten Kollegialorgans bedürfen dessen
Genehmigung. StudentInnen müssen mindestens ein Viertel der Mitglieder
im Organ für die Erstellung der Studienpläne stellen, bei Habil- und
Berufungskommissionen sind sie mit mindestens einem Mitglied
vertreten.
StudentInnen erzwingen mehr Prüfungswiederholungen
Mit dieser Mitwirkung der StudentInnen in Kommissionen ist Gehrer von
der deutlichen Einschränkung der Mitbestimmung gegenüber der derzeit
gültigen Regelung abgerückt. Nachgegeben wurde auch der Forderung der
StudentInnen-VertreterInnen nach mindestens drei Prüfungsterminen pro
Semester und mindestens drei Prüfungswiederholungen (ursprünglich
waren nur jeweils zwei zwingend vorgesehen). Der Studienbeitrag wird
im UG mit 363,36 Euro festgelegt und fließt in die Kassen der Unis.
Außerdem können die StudentInnen über die Zweckwidmung der von ihnen
entrichteten Beiträge mitentscheiden. Weitere Änderung gegenüber dem
Begutachtungsentwurf: Prüfungen und wissenschaftliche Arbeiten werden
nicht wie geplant mit Bewertungen von A bis F beurteilt, sondern wie
bisher mit Noten von "Sehr gut" bis "Nicht genügend".
Neue Studien dürfen künftig grundsätzlich nur als Bakkalaureats-
und Magisterstudien (dreigliedriges System, inklusive
Doktoratsstudien, Anm.) eingerichtet werden. Bereits bestehende
Diplomstudien (zweigliedriges System) dürfen hingegen in dieser Form
fortgeführt werden. Die Entscheidung über die Einrichtung von Studien
treffen die Senate.
Trotz heftiger Proteste hielt Gehrer an der Umwandlung der
Medizinischen Fakultäten in eigene Medizin-Unis fest. Eine
Einbeziehung anderer Disziplinen wie der Pharmazie ist aber nicht
vorgesehen. Für die Zusammenarbeit mit den bisherigen
Stamm-Universitäten wird an jedem Standort vorerst für die Dauer von
fünf Jahren ein Koordinationsrat eingerichtet. Diesem gehört je ein
Mitglied der Universitäts-Räte und der Senate der beiden Unis an, die
ein fünftes Mitglied wählen.
Künftig soll für neu eintretende MitarbeiterInnen das
Angestelltengesetz gelten, Arbeitsverhältnisse können unbefristet und
befristet abgeschlossen werden. In bestehende Beamtenverhältnisse
wird nicht eingegriffen, ein Wechsel in das neue System ist möglich.
Die Universitäten sollen einen gemeinsamen Dachverband bilden, der
einen gemeinsamen Kollektivvertrag abschließen kann. Uni-ProfessorInnen
und wissenschaftliche MitarbeiterInnen erhalten einen erweiterten
Kündigungsschutz, der sich auf ihre Lehr- und Forschungstätigkeit
bezieht. An jeder Uni ist je ein Betriebsrat für das
wissenschaftliche bzw. künstlerische Personal und für das allgemeine
Personal einzurichten. (APA)