Kairo - Der Gründer und Führer der radikalen Hamas-Bewegung, Scheich Ahmed Yassin, hat den palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat wegen seiner Kritik an den Selbstmordanschlägen gegen Zivilisten in Israel scharf angegriffen. "Es ist inakzeptabel und sehr schmerzhaft, dass mein Bruder, der auf meiner Seite stehen und mich verteidigen sollte, mich angreift", sagte er in einem Interview mit der arabischen Zeitung "Al Hayat" (Mittwoch-Ausgabe). Wenn sich Arafat nicht selbst verteidigen könne, so sei dies noch lange kein Grund, Hamas zu beschuldigen. Zu Berichten, wonach Saudiarabien die islamistische Hamas angeblich zu einem Verzicht auf Anschläge gegen israelische Zivilisten bewegen will, wollte Yassin nicht Stellung nehmen. Wenn Saudiarabien einen Dialog mit Hamas wünsche, so stehe dem aus Sicht seiner Organisation aber nichts entgegen, sagte der Scheich. Gleichzeitig betonte er aber, aus Sicht der Hamas gebe es in Israel "kaum Zivilisten", da ein Großteil der Bevölkerung aktiv oder als Reservisten zur Armee gehöre. Verratsvorwurf Dem in den vergangenen Tagen innenpolitisch unter Beschuss geratenen palästinensischen Sicherheitschef im Westjordanland, Jibril Rajoub, warf er indirekt Verrat vor. Rajoub habe Fehler gemacht und sich gegen "unsere Söhne" gestellt. Dennoch habe Hamas nicht die Absicht, ihn zu "liquidieren". "Wir lehnen interne Gewalt ab, weil wir keinen Bürgerkrieg wollen." Scheich Yassin (66) ist seit seinem zwölften Lebensjahr querschnittgelähmt und nahezu erblindet. 1997 hatte der jordanische König Hussein von Israel ultimativ seine Freilassung verlangt, nachdem zwei mit gefälschten kanadischen Reisepässen ausgestattete Agenten des israelischen Geheimdienstes Mossad nach einem gescheiterten Versuch, den Hamas-Führer Khaled Mechaal in Amman zu ermorden, von den jordanischen Behörden festgenommen worden waren. Der damalige israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu geriet derart in Bedrängnis, dass er unter amerikanischem Druck nachgeben musste. Yassin kehrte im Triumph nach Gaza zurück, wo seine Bewegung mit zahlreichen sozialen Diensten in den Palästinensergebieten viel Sympathie innerhalb der Bevölkerung gewonnen hatte. Ihr Einfluss ist seit Beginn der zweiten Intifada Ende September 2000 noch erheblich gewachsen. (APA/dpa)