Zagreb - "Österreich wird einen EU-Beitritt Kroatiens voll
und ganz unterstützen." Diese Zusage machte Bundespräsident Thomas
Klestil am Mittwoch bei einem Treffen mit dem kroatischen
Staatspräsidenten Stipe Mesic in Zagreb. Wie groß die Hoffnung der
Kroaten auf eine baldige Mitgliedschaft in der Europäischen Union
ist, machte die Einschätzung deutlich, die Mesic über die soziale
Situation im Land abgab: "Die Regierung und Kroatien befinden sich in
einer schwierigen Lage."
Kroatien möchte Antrag auf EU-Beitritt bereits im Jahr 2003
Klestil versprach, dass Experten aus allen österreichischen
Ministerien Kroatien mit einschlägigem "Know How" zur Vorbereitung zu
Beitrittsverhandlungen zur Seiten stehen werden. Dabei soll es unter
anderem um die Angleichung kroatischer Gesetze an die EU-Norm gehen.
Die kroatische Regierung hofft, bereits im Jahr 2003 einen
entsprechenden Antrag stellen zu können. Um diesem Ziel näher zu
kommen, wird Wirtschaftsminister Hrovje Vojkov ein neues
Privatisierungspaket vorstellen, über das demnächst im Parlament
abgestimmt wird. Das Paket umfasst die Bereiche "Entbürokratisierung,
eine Reform der Arbeitsgesetzgebung, eine Reform des Justizwesens,
die Erhöhung der Rechtssicherheit, die Errichtung von Industrie-und
Technologieparks sowie Steuererleichterungen für Investoren."
Mesic hofft auf größere Direktinvestitionen aus Österreich
Mesic drückte die Hoffnung auf noch größere Direktinvestitionen
von österreichischer Seite aus. "Die Privatisierung ist bald
abgeschlossen, und wir haben den Wunsch, dass österreichisches
Kapital eine noch größere Rolle spielt." Als nächste größere
Privatisierungsprojekte stehen der kroatische Erdölkonzern INA und
die größte kroatische Versicherungsgesellschaft "Cratia Osigoranje"
an. An INA (25 Prozent und eine Aktie werden verkauft) ist die OMV
interessiert, für die Versicherung soll UNIQA ein Angebot
unterbreitet haben.
Reichhold Verspricht technische Unterstützung beim Bau der Verkehrswege
Klestil verwies darauf, dass er von einer großen Handelsdelagtion
(Vetreter von 42 Firmen) begleitet werde. Zudem stehe Österreich mit
einem bisherigen Volumen von zwei Milliarden Euro schon jetzt an
erster Stelle der internationalen Investoren. "Wir haben über 800
österreichische Firmen, die in Kroatien Gemeinschaftsunternehmen
gegründet haben." Verkehrsminister Mathias Reichhold (F) sagte
technisches Unterstützung beim Ausbau der Verkehrswege zu. Man werde
auch mit Slowenien Kontakt aufnehmen, um entsprechende
Verkehrsverbindungen zwischen Österreich und Kroatien zu schaffen.
"Wir werden finanzielle Ressourcen für Korridore suchen," sagte der
Minister. Für die "Attraktivität eines Wirtschaftsstandorts" und
"regen Handelsaustausch" sei die Erreichbarkeit "unabdingbar".
Soziale Spannungen
Obwohl die kroatischen Wirtschaft offiziell ständig im Wachstum
begriffen ist, sind die sozialen Spannungen bei einer
Arbeitslosenrate von 23 Prozent (nach EU-Richtlinien rund 15 Prozent)
auch im Straßenbild offensichtlich. Vor dem Regierungsgebäude in der
Zagreber Altstadt, wo Kelstil am Mittwoch auch Premier Ivica Racan
(SDP)traf, sind seit Wochen rund ein Dutzend ehemaliger Polizisten im
Hungerstreik. Sie waren als Angehörige einer Spezialeinheit entlassen
worden. Diesem Schritt lagen wohl gleichermaßen ökonomische wie
politische Gründe verantwortlich. Die Spezialeinheiten standen
traditionell der früheren Regierungspartei HDZ (Kroatische
Demokratische Gemeinschaft) von Staatsgründer Franjo Tudjman nahe.
Zwei anstehende bilaterale Fragen wurden vorerst noch nicht
gelöst. So wurde zwar der österreichische Wunsch nach einer Aufhebung
des Importverbots von österreichischem Rindfleisch (nach dem BSE-Fall
im Waldviertel) deponiert, eine Entscheidung steht aber noch aus.
Auch die Rückgabe jener MIG-21 R, mit welcher der kroatische Pilot
Rudolf Peresin, am 21. Oktober von Bihac nach Klagenfurt geflogen
war, muss noch geprüft werden. Die Maschine war damals von Österreich
in "Verwahrung" genommen worden. Jetzt muss völkerechtlich geklärt
werden, ob Kroatien tatsächlich eine Anspruch hat. Ursprünglich war
sie ja Eigentum der jugoslawischen Volksarmee.(APA)