Wien - "Immer wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein DJ her." Und es wird weitergetanzt. Diese - zugegeben - etwas holprige Adaption eines althergebrachten Positiv-Denken-Sinnspruchs diverser Volksschul-Stammbücher, bewahrheitet sich am anstehenden Wochenende allemal: In Graz findet das viertägige "Spring Two"-Festival mit einem erlesenen DJ- und Liveprogramm statt und in Wien feiert man im Rahmen der Festwochen das dreitägige Festival "Waves" ab. Der Spruch mit dem Krug und dem Brunnen wäre angesichts dieser Konzentration auch nicht ganz abwegig. Der Austragungsort von "Waves" ist die Meierei im Stadtpark, wo auf drei Ebenen, einem "Private Floor", einem "Chandelier Floor" und dem "Club Floor", bekannte heimische und internationale DJ-und Produzentengrößen Platten verlegen werden. Bereits heute tritt dort jemand hinter die Turntables, der wahrscheinlich einen frühen Höhepunkt markiert: Fran¸cois Kervorkian, seines Zeichens Fixstern der New Yorker Club-Kultur seit über 20 Jahren, wird dem Etablissement an den Verputz gehen. Seit den späten 70ern, als Disco explodierte, ist Kervorkian im Geschäft, hat mit Bands wie Kraftwerk und Depeche Mode gearbeitet und ist DJ im berühmten Body-and-Soul-Club. Detroiter Klänge Einen anderen Höhepunkt wird wohl Carl Craig setzen, der am Freitag zu Werke schreitet. Was soll man sagen: Detroiter Techno-Wunderkind, Innerzone-Orchestra-Meister, omnipräsenter Innovator ... Ein Kirchgang für einschlägige Fans. Ebenfalls Detroiter Töne präsentiert heute Stacey Pullen, der Techno mit verschiedensten, scheinbar oft inkompatiblen Stilen aufbricht. Am ehesten konsenstauglich erscheint das Samstagsprogramm, das tanzbare Grooves und Beats der Briten Domu und Afronaught genauso bietet wie den originären Sound des Wiener Techno-Produzenten Patrick Pulsinger. Also, so lange hingehen, bis er bricht - der Krug, oder der Brunnen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23. 5. 2002)