Wien - Eine Steuerreform darf den Nulldefizit-Kurs im
österreichischen Budget nicht gefährden, betonte am Donnerstag der
Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Klaus
Liebscher. Eine Steuerreform dürfe keinesfalls über höhere Ausgaben
finanziert werden, auch dürfe sie nicht auf zu optimistischen
Annahmen einer Selbstfinanzierung basieren. Das Stabilitätsziel dürfe
jedenfalls nicht gefährdet werden, sagte Liebscher im alljährlichen
Pressegespräch nach der OeNB-Generalversammlung. Interpretationen von FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler, wonach der
Terminus "Nulldefizit" bis zu einem Minus von 0,9 Prozent ausdehnbar
sei, erteilte Liebscher - ohne Westenthaler namentlich zu nennen -
eine klare Absage: "Eine Defizitquote von 0,9 Prozent für die
Steuerreform wäre nicht mehr als ausgeglichenes Budget zu
qualifizieren." Wie Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ) hatte sich
zuletzt auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) von einer derart
weiten Nulldefizit-Auslegung distanziert.
Haushalt ausgleichen
Eine mögliche Steuerreform müsse das Ziel eines ausgeglichenen
Haushalts konsequent weiterverfolgen, so Liebscher. Ein Wechselbad
der Gefühle zwischen konsolidieren und nicht konsolidieren sollte man
den Österreichern ersparen. Der Anteil der Investitionen an den
Staatsausgaben sollte tendenziell angehoben und zugleich die
staatliche Abgabenquote gesenkt werden. Auch für die übrigen
Euro-Mitgliedsstaaten gelte es, die öffentlichen Haushalte auf
Konsolidierungskurs zu halten, eine zeitliche Verschiebung der Ziele
sei abzulehnen.
Den bisherigen Konsolidierungskurs der österreichischen
Bundesregierung begrüßte der OeNB-Gouverneur ausdrücklich. Er stehe
im Einklang mit den Zielen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und
habe bereits im Jahr 2001 zu einem ausgeglichenen Haushalt geführt -
erstmals seit drei Jahrzehnten, wie auch OeNB-Präsident Adolf Wala
hervorhob.
Budgetbelastungen abfedern
Die aus der Alterung der Bevölkerung resultierenden künftigen
Budgetbelastungen müssten durch nachhaltige Reformen im Pensions- und
Gesundheitsbereich abgefedert werden, weiterer Reformbedarf ergebe
sich beim Finanzausgleich und im Bereich der Verwaltung. An nötigen
Strukturreformen verwies Liebscher auf die noch nicht als
abgeschlossen anzusehende Entbürokratisierung, die
Ladenöffnungszeiten, eine weitere Flexibilisierung der Arbeitsmärkte
und Anreize für Innovation, Forschung, Entwicklung und Bildung.
Die Reformen sollten nicht nur dauerhaft sein, sondern auch
unabhängig von Konjunktur- und Wahlzyklen erfolgen, so der
OeNB-Gouverneur. (APA)