Wirtschaft
Wer Steuer spart, der schädigt seine Erben
Der Finanzminister behandelt die "Abfertigung neu" recht großzügig
Wien - Die Abfertigung ist Eigentum des Arbeitnehmers.
Stirbt dieser, geht das Geld an
die Erben. Das ist derzeit so
und ändert sich auch durch die
Abfertigung neu prinzipiell
nicht. Mit der neuen Regelung
wird das System sogar noch
transparenter: Jeder Arbeitnehmer - und bald auch
Selbstständige - hat bei den
zuständigen Kassen ein ihm
zugewiesenes Konto mit seinem Geld, während bisher die Arbeitgeber "anonyme" Rückstellungen bilden mussten.Beim Tod des Anspruchsberechtigten muss jetzt der Arbeitgeber und zukünftig die
Kasse vor Auszahlung sechs
Prozent Lohnsteuer bezahlen.
Dann fällt noch die Erbschaftssteuer an, die sich nach dem
Grad der Verwandtschaft und
der Höhe der Abfertigung richtet und zwischen zwei und 60
Prozent betragen kann. Dennoch kann es sein, dass die Erben in vielen Fällen durch die
Finger schauen - nämlich
dann, wenn der Anspruchsberechtigte seine Abfertigung in
eine auf den ersten Blick sehr
verlockende Rentenversicherung eingebracht hat.
Geld weg
Der Finanzminister verzichtet nämlich auf die sechsprozentige Lohnsteuer und sämtliche Versicherungs-, Kapital-
und Zinsertragssteuern, wenn
eine Abfertigung in eine Rentenversicherung eingebracht
wird. Diese garantiert dann eine steuerfreie Zusatzrente auf
Lebenszeit. Stirbt allerdings
der Versicherungsnehmer ein
Jahr, nachdem er beispielsweise 70.000 Euro eingezahlt hat,
ist das Geld weg. Ausnahmen
gibt es nur, wenn ausdrücklich
eine zusätzliche Witwenpension oder Waisenpension (für
Kinder bis 27 Jahre) abgeschlossen wurde.
Wer sein Geld im Falle des
Falles auch an Lebensgefährten, ältere Nachkommen oder
andere Verwandte vererben
will, darf das Steuerzuckerl der
Rentenversicherung nicht in
Anspruch nehmen.
In diesem Fall ist es sinnvoller, sich das Geld auszahlen
zu lassen und in "normale" Investmentfonds zu investieren,
meint auch der Steuerberater
und Finanzexperte Karl
Bruckner. Die Freiheit, sein
Geld beliebig zu vererben, wird
mit dem Abzug der Lohnsteuer
von sechs Prozent und den
dann anfallenden Kapital- und
Zinsertragssteuern, die in den
Fonds anfallen, "erkauft". (Michael Moravec, DER STANDARD, Printausgabe 24.5.2002)