Gerald Bast
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Standard: Sie waren einer der prononciertesten Kritiker des neuen Unigesetzes. Was sagen Sie zum vorgelegten Gesetz, das den Kritikern doch in einigen Punkten entgegenkommt? Bast: Auch wenn ich mir eine noch bessere Lösung für die Unis vorstellen kann, freue ich mich wirklich, dass es in Österreich doch möglich ist, mit massivem Engagement inklusive Demos Wirkung zu zeigen. So wurden zumindest die schärfsten neoliberalen Giftzähne gezogen. Standard: Welche Giftzähne schreiben Sie auf die Fahne des universitären Widerstands? Bast: Etwa die Zusammensetzung und die Kompetenzen des Unirates. Es wurden aber auch Möglichkeiten geschaffen, die Uni als autonome, demokratische Leistungsuni zu führen. Das, was jetzt vorliegt, ist für die Kritiker durchaus ein Erfolg, ein Kompromiss, mit dem man notfalls leben kann. Unsere Aufmerksamkeit und Bereitschaft, notfalls wieder aktiv zu werden, ist aber nicht vorbei. Standard: Gilt Ihr "Aufruf zum Gesetzesboykott" jetzt noch? Bast: Wenn das Unigesetz so kommt wie jetzt - ich wünschte mir, dass der akademische Mittelbau nicht gar so schlecht behandelt wird -, sehe ich keinen wirklichen Anlass für einen Boykott. Wir müssen aber beobachten, was im Parlament passiert und ob sich das Ministerium, wie versprochen, zurücknimmt in seinem Einfluss auf die Unis. Jede Verschlechterung aus Sicht der Unis wäre ein Grund für einen weiteren massiven Aufschrei. Standard: Sind die Unis jetzt, wie Ministerin Gehrer sagt, "auf dem Weg zur Weltklasse"? Bast: Nein. Großteils sind unsere Unis schon Weltklasse, vor allem die Kunstunis. Den Weg zur Weltklasse beschreitet man nicht bloß mit immer neuen Gesetzen. Das ist eine große Überschätzung von formalen Vorschriften. Weltklasse-Unis werden gemacht durch erstklassig motivierte Lehrende und Studierende. Das hat die Regierung lange Zeit aufs Spiel gesetzt, indem sie eine massive Demotivierung der Unis provoziert hat. Standard: Was muss die Politik tun, um die Motivationsbremse zu lockern? Bast: Sie muss die Voraussetzung für die Realisierung des Unigesetzes - die Finanzierung aller Folgekosten - garantieren und die Möglichkeiten für den akademischen Mittelbau im Senat verbessern. Standard: Sie werden immer wieder als Schattenminister der SPÖ gehandelt. Wären Sie gern Bildungsminister? Bast: Ich bin sehr glücklich als Rektor an der Universität für angewandte Kunst. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 24.5.2002)