Islamabad/Neu-Delhi - Trotz internationaler Aufrufe zu Zurückhaltung im Kaschmir-Konflikt hat Pakistan am Dienstag zum dritten Mal innerhalb von vier Tagen eine Rakete getestet. Nach Angaben eines pakistanischen Armeesprechers handelte es sich um eine Kurzstreckenrakete vom Typ Hatf III oder Abdali. Ungeachtet internationaler Warnungen vor einer weiteren Eskalation des Kaschmir-Konfliktes mit Indien hatte Pakistan bereits am Wochenende zwei Boden-Boden-Raketen getestet. Die indische Regierung zeigte sich von dem erneuten Raketentest "unbeeindruckt". Kurz zuvor war der britische Außenminister Jack Straw zu einer Vermittlungsmission in Islamabad eingetroffen. Pakistan hatte bereits am Samstag mit mehrtägigen Tests von Kurz- und Mittelstreckenraketen begonnen und betont, diese stünden nicht in Zusammenhang mit den gegenwärtigen Spannungen im Verhältnis zu Indien. Die Tests sind die ersten größeren seit 1999. Beiden Staaten führten 1998 erfolgreich Atomwaffentests durch und gelten seitdem offiziell als Atommächte. Optionen werden weniger Die Abdali-Rakete hat eine Reichweite von 180 Kilometern und kann die meisten Ziele im Grenzgebiet Indiens treffen, in dem dieses eine Million Soldaten zusammengezogen hat. Die Beziehungen der beiden Atommächte sind seit Dezember vorigen Jahres gespannt. Damals wurde das indische Bundesparlament in Neu-Delhi angegriffen. Indien schrieb den Anschlag islamischen Extremisten aus Pakistan zu. Im Jänner führte Indien eine Serie von Raketentests durch. Im Mai wurden bei einem Anschlag auf einen indischen Armeestützpunkt im indischen Teil Kaschmirs 34 Menschen getötet, die meisten davon Frauen und Kinder. In Artillerieduellen wurden seitdem Dutzende von Menschen auf beiden Seiten der Grenze in Kaschmir getötet. Die Provinz wird von beiden Staaten beansprucht. Unterdessen sagte der indische Verteidigungsminister George Fernandes in Neu-Delhi, es gebe keine Anzeichen, dass Pakistan zur Vernunft komme. Die Optionen für Indien würden immer weniger. Allerdings sei es nicht korrekt zu sagen, dass Südasien am Rande eines Krieges stehe, so Fernandes in einem Fernsehinterview. "Es scheint, als ob die Vernunft immer noch keinen Platz in der Führung Pakistans findet... Natürlich werden unsere Optionen weniger und weniger. Welche Option sich letztlich durchsetzen wird, ist etwas, was ich nicht kommentieren kann. Zu sagen, sie sind am Rande des Krieges wäre nicht korrekt", sagte Fernandes in Reaktion auf eine Fernsehansprache des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf vom Montag. Serie "erfolgreich abgeschlossen" Der "erfolgreiche Raketentest" beschließe vorerst die jüngste Testserie, hieß es in einer offiziellen Erklärung in Islamabad. Dabei handelt es sich um die Kurzstreckenrakte Abdali (Hatf-11), eine veränderte Version von Hatf 2. Am Samstag hatte Pakistan bereits eine Boden-Boden-Rakete vom Typ Hataf V (Ghauri) getestet, die mit atomaren Sprengköpfen bestütckt werden kann und über eine Reichweite von 1.500 bis 2.000 Kilometer verfügt. Am Sonntag feuerte die paksitanische Armee eine Boden-Boden-rakete vom Typ Hatf III (Ghaznavi) mit einer Reichweite bis zu 290 Kilometer ab. Auch das staatliche pakistanische Fernsehen bezeichnete den Test als Erfolg. Der pakistanische Machthaber Pervez Musharraf gratulierte den Wissenschaftlern zu ihrer Arbeit. Seit einer Fernsehansprache Musharrafs am Montag zeichnet sich jedoch ein möglicher Ausweg ab. Musharraf hatte versichert, sein Land lasse keine Terroristen über die Grenze nach Indien vordringen. Der indische Regierungschef Atal Behari Vajpayee deutete an, dass er auf einen Angriff verzichten könnte, wenn Pakistan seinen Kampf gegen die Terroristen glaubhaft nachweise. (APA/AP/Reuters)