Ecclestone war vor allem über die Art und Weise enttäuscht, wie Ferrari in der letzten Runde Michael Schumacher an seinem führenden Teamkollegen Rubens Barrichello vorbeidirigierte. "Sie hätten das eleganter lösen können. Aber so, wie sie es gemacht haben, das hat die Leute beleidigt. Ich bin nicht überrascht von den Reaktionen", kommentierte Ecclestone die Pfiffe und die weltweite Entrüstung. "Wenn Ferrari damit vorher gerechnet hätte, dann hätten sie es nicht so weit kommen lassen."
Ferrari-Teamchef Jean Todt gab nun zu, von der heftigen Ablehnung überrollt worden zu sein. "Es wäre falsch zu sagen, dass wir diese Reaktionen erwartet hätten. In Zukunft werden wir das in unsere Entscheidung miteinbeziehen. Ich will jetzt nicht darüber reden, wie unsere Strategie in Zukunft aussehen wird."
Das wird auch davon abhängen, wie das World Council der FIA auf seiner Sitzung am 26. Juni in Paris die Teamorder-Affäre bewertet. "Wenn ein Fehler nachgewiesen wird, kann die Strafe bis zu einem Ausschluss auf Lebenszeit gehen", sagte FIA-Präsident Max Mosley. Da die Teamorder nicht verboten ist, wäre die Einstufung des Ferrari-Verhaltens als "Verstoß gegen den Geist des Sports" Grundlage einer solchen Entscheidung. Mosley führte aber auch aus, dass der Handlungsspielraum der 23 verbliebenen Council-Mitglieder - Todt darf als Beteiligter nicht an der Beratung teilnehmen - beschränkt ist. "Wenn man nichts macht, heißt es: Es ist Ferrari. Wenn man eine harte Strafe wählt, heißt es: Die wollen nur die WM beeinflussen. Auch ich kann von der Entscheidung überrascht werden." Überrascht war der FIA-Chef von den Reaktionen: "Ich habe mehr Faxe bekommen als nach Sennas Tod. Sie waren aber nicht gegen die Formel 1, sie waren gegen Ferrari." (sid, red, Printausgabe Der Standard, 25./26.05.2002)