San Francisco - Ein US-Häftling darf einem Gerichtsurteil zufolge seiner Frau kein Sper-ma zur künstlichen Befruchtung schicken. In den USA hätten Häftlinge kein verfassungsmäßiges Recht auf Fortpflanzung, entschied am Don-nerstagabend ein Bundesberufungsgericht in San Francisco.William Gerber sitzt in einem kalifornischen Gefängnis wegen illegalen Waffengebrauchs und terroristischer Anschläge eine lebenslange Haftstrafe ab. So genannte "conjugal visits" ("eheliche Besuche"), bei denen Paare einige Zeit ungestört gemeinsam verbringen können, sind ihm verboten. Gerber hatte argumentiert, angesichts des Alters seiner Frau, die 46 ist, sei die "Fortpflanzung per Post" die einzige Möglichkeit, seinen Kinderwunsch noch zu erfüllen. Das Recht auf Fortpflanzung sei mit einem Haftaufenthalt unvereinbar, entschied das Gericht nun knapp mit sechs zu fünf Stimmen. Grund seien Natur und Ziele des Strafvollzugs, darunter die Isolation von Gefangenen und ihre Bestrafung. Das Urteil hebt einen Richtspruch auf, der genau gegenteilig argumentierte: Im September vorigen Jahrs entschied ein anderes Bundesgericht, männliche Häftlinge dürften durch künstliche Befruchtung Kinder zeugen, wenn ihnen das Gesetz eheliche Besuche hinter Gitter verbietet. Schon damals äußerten Rechtsexperten die Befürchtung, dieses Urteil könne wieder aufgehoben werden. (DER STANDARD, Printausgabe 25./26.05.2002)