Deutschland
Wahlumfrage: Vorsprung Union und FDP wächst
Schily mahnt Partei zur Zurückhaltung
Hamburg - Vier Monate vor der Bundestagswahl in
Deutschland liegen die Oppositionsparteien CDU/CSU und FDP klar in
Führung. Nach einer am Samstag veröffentlichten Umfrage im Auftrag
des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" kämen Union und Liberale
derzeit zusammen auf 52 Prozent. SPD und Grüne erhielten gemeinsam
nur noch 39 Prozent. CDU und CSU könnten demnach mit 40 Prozent der
Stimmen rechnen. Die FDP mache trotz der Auseinandersetzung um
Antisemitismus-Vorwürfe einen großen Sprung nach vorn und legte von
neun auf 12 Prozent zu. Die SPD fällt auf 33 Prozent. Die Grünen
kämen auf sechs Prozent, die PDS auf fünf Prozent. Auch Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) kann der Umfrage
zufolge eine deutlich gestiegene Zustimmung verbuchen. 42 Prozent der
Befragten seien mit seiner politischen Arbeit zufrieden, das seien
acht Prozentpunkte mehr als im April. Der Vorsprung von Bundeskanzler
Gerhard Schröder (SPD), dessen Arbeit von 53 Prozent positiv
beurteilt wird, schrumpfte damit auf elf Prozentpunkte. Für die
Umfrage wurden zwischen 21. und 23. Mai etwa 1.000 Menschen befragt.
Innenminister Otto Schily (SPD) forderte die FDP im Streit um
Antisemitismus-Vorwürfe zur Zurückhaltung auf. Eine derart angesehene
demokratische Partei wie die FDP habe allen Anlass, in sich zu gehen
und diese Art von Propaganda einzustellen, sagte Schily im
Deutschlandfunk. Wenn sich FDP-Vize Jürgen Möllemann vom
Ehrenvorsitzenden der eigenen Partei, Otto Graf Lambsdorff, vorwerfen
lassen müsse, er hole alte antisemitische Klischees wieder hervor,
sei dies schon ein dramatischer Vorgang.
Möllemann hingegen betonte gegenüber dem "Spiegel", die Liberalen
müssten "Dinge aussprechen, die von anderen Politikern, aus welchen
Gründen auch immer, tabuisiert werden". Möllemann hob hervor: "Die
Kluft zwischen dem, was die politische Klasse sagt, und dem, was die
Menschen empfinden, ist riesig." Seine Vorwürfe gegen Michel Friedman
seien nach wie vor "wahr". Möllemann hatte dem Vizepräsidenten des
Zentralrats vorgeworfen, durch seine Aussagen selbst antisemitische
Ressentiments zu schüren.
Lambsdorff sagte dem "Spiegel", Möllemanns Vorwurf gegen Friedman
sei "gefährlich, weil er ein typisches, sehr altes antisemitisches
Verhaltensmuster nutzt". FDP-Chef Guido Westerwelle bot dem
Präsidenten des Zentralrates, Paul Spiegel, unterdessen erneut ein
Gespräch an. Er appelliere an Spiegel, sich einem "Gespräch unter
Demokraten nicht zu verweigern", sagte Westerwelle der "Bild am
Sonntag".
(APA)