Zagreb - Zwar ist das Ergebnis der Volkszählung in Kroatien
vom Vorjahr noch gar nicht offiziell, doch sorgt es bereits für
heftige Diskussionen. Es sickerte durch, dass die serbische
Minderheit dem Zensus zufolge nur 200.000 Menschen umfasst. Das wären
4,05 Prozent der Bevölkerung. Vor dem Krieg für die Unabhängigkeit
Jugoslawiens waren es 12,2 Prozent gewesen. Der Serbische Volksrat
(Srpsko narodno vijece/SNV) will das Ergebnis nicht akzeptieren. Der
Vorsitzende Milorad Pupovac ist überzeugt, dass die Zahl der
kroatischen Serben die Sechs-Prozent-Marke übersteigt. Dann würde den
Serben im Parlament eine proportionale Anzahl an Fix-Abgeordneten
zustehen. Das wären zumindest neun. Andernfalls würden ihnen wie anderen Minderheiten im Land
(Italiener, Deutsche, Österreicher, ...) die Vertretung durch einen
Parlamentarier zustehen. Milan Djukic, Vorsitzender der Serbischen
Volkspartei (SNS) und Bürgermeister von Donji Lapac zog Vergleiche
mit dem Zweiten Weltkrieg. "Wenn diese Ergebnisse stimmen, wurde der
Genozid des Ustascha-Staates wiederholt", empörte sich Djukic.
Während des Usatascha-Regimes von Ante Pavelic - einem
Marionettenstaat der Nazis - waren allein im KZ Jasenovac ungefähr
600.000 Zivilisten, Serben, Juden und Roma getötet worden.
Pupovac kritisierte, der Manipulation sei Tür und Tor geöffnet
gewesen. So sei der SNV davon ausgegangen, dass bei der Zählung auch
Flüchtlinge erfasst würden, die derzeit in Serbien oder
Bosnien-Herzegowina leben. 1991 waren während der Operation "Sturm"
der kroatischen Streitkräfte 150.000 Serben aus Kroatien geflohen.
"Sturm" diente der Rückeroberung der von kroatischen Serben
ausgerufenen, völkerrechtlich aber nie anerkannten Republik Serbische
Krajina.
Aufgrund einer von den Vereinten Nationen (UNO) vorgegebenen
Methode seien aber keine Bürger erfasst worden, die bereits länger
als ein Jahr außerhalb des Landes leben, kritisierte der SNV.
Außerdem hätten sich zahlreiche Serben nicht als solche deklariert,
weil sie Benachteiligungen befürchten. Sie würden stattdessen in der
Rubrik "Sonstige" geführt. Das offizielle Resultat wird das
Staatliche Amt für Statistik (DZS) am 17. Juni veröffentlichen. (APA)