Geschlechterpolitik
"Kosmetische Zugeständnisse zur Beruhigung"
Roswith Roth, Vorsitzende des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen, über die Änderungen im UG-Entwurf 2002
dieStandard.at: Wie beurteilen Sie die nun beschlossene Regierungsvorlage auch in
Hinblick auf Ihre zuvor geäußerten Kritikpunkte?
Roswith Roth:
Es wurden einige kosmetische Zugeständnisse zur Beruhigung der betroffenen
Gruppen gesetzt, die aber keine wirklichen Verbesserungen des Gesetzes
gebracht haben:
1) Der Kritikpunkt der indirekten Diskriminierung von Frauen in allen
Belangen ist nach wie vor auf dem Tisch, denn die Überwertigkeit der
Professoren und der vereinzelten Professorinnen (weil nicht vorhanden)im
Senat und in den nun akzeptierten Kollegialorganen unterhalb des Senats
(Habil-, Berufungs- und Studien angelegenheiten) wurde nicht verändert! Die
Hinzunahme von mindestens einer habilitierten Person in die sogenannten
Kollegialorgane gleicht diese Ungleichbehandlung nicht aus - denn dort
werden sich vor allem die habilitierten Männer drängen - von Mitbestimmung
kann nicht die Rede sein, wenn die Professoren und die wenigen
Professorinnen in der Mehrheit sind. Die kritische Masse an Frauen, damit
sich auch in Richtung Gleichstellung und Gleichbehandlung etwas bewegt, wird
mit dieser Zusammensetzung der Kollegialorgane nicht erreicht werden.
2) Die Abwertung der habilitierten ao ProfessorInnen ist nach wie vor
vorhanden. Die "Überlassung" von Leitungsaufgaben (von den Professoren
gewünscht) deutet darauf hin, dass begriffen wurde, dass dies sehr
arbeitsreiche Funktionen sind und diese Arbeit auch bisher sehr oft von den
Habilitierten und dem Mittelbau getragen wurde. Ausserdem wurden nur die
Rechte, die sich bereits aus der venia docendi ergeben, im Gesetz geändert,
aber nicht die Aufgabenstellungen der AoUniv.Profs, nämlich die
eigenverantwortliche Fachvertretung in Forschung und Lehre.
3) Die Frauen- und Geschlechterforschung ist bisher nicht im mainstream der
Forschung und Lehre brauchte unabhängige habilitierte Personen. Ohne
Professuren waren es die habilitierten AoProfessorinnen, die
eigenverantwortlich ein Fach vertreten konnen, Assistentinnen und
Lektorinnnen, die diese wesentlichen Neuerungen auf der Universität in Lehre
und Forschung aufrecht erhalten haben.
4) Die Anzahl und Mitglieder der Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen
sowie deren Funktionsdauer ist nun in den Satzungen festzuschreiben, was
einer Abhängigkeit von der "Frauenfreundlichkeit" der jeweiligen Universität
bedeutet. Eine österreichweite eindeutige Stellung der Politik zum
Amsterdamer Vertrag und dem Gender Mainstreaming würde es den Bastionen des
Androzentrismus, welche die Universitäten immer noch sind, erleichtern, sich
mit dem Gender Mainstreaming zu beschäftigen und ihm nachzukommen.
dieStandard.at:
Ist der Widerstand gegen das Universitätsgesetz 2002 gescheitert?
Gibt es nach der Zustimmung des Ministerrats zur Regierungsvorlage noch
Möglichkeiten der Intervention?
Roswith Roth:
Es werden noch Gespräche und Diskussionen geführt, Petitionen verfasst,
Aktionen geplant, um vor allem die WissenschaftsprecherInnen und den
Wissenschaftsausschuss zu erreichen und zu informieren. Alle Möglichkeiten
der Interventionen werden ausgeschöpft werden.