dieStandard.at: Wie beurteilen Sie die nun beschlossene Regierungsvorlage auch in Hinblick auf Ihre zuvor geäußerten Kritikpunkte? Roswith Roth: Es wurden einige kosmetische Zugeständnisse zur Beruhigung der betroffenen Gruppen gesetzt, die aber keine wirklichen Verbesserungen des Gesetzes gebracht haben: 1) Der Kritikpunkt der indirekten Diskriminierung von Frauen in allen Belangen ist nach wie vor auf dem Tisch, denn die Überwertigkeit der Professoren und der vereinzelten Professorinnen (weil nicht vorhanden)im Senat und in den nun akzeptierten Kollegialorganen unterhalb des Senats (Habil-, Berufungs- und Studien angelegenheiten) wurde nicht verändert! Die Hinzunahme von mindestens einer habilitierten Person in die sogenannten Kollegialorgane gleicht diese Ungleichbehandlung nicht aus - denn dort werden sich vor allem die habilitierten Männer drängen - von Mitbestimmung kann nicht die Rede sein, wenn die Professoren und die wenigen Professorinnen in der Mehrheit sind. Die kritische Masse an Frauen, damit sich auch in Richtung Gleichstellung und Gleichbehandlung etwas bewegt, wird mit dieser Zusammensetzung der Kollegialorgane nicht erreicht werden. 2) Die Abwertung der habilitierten ao ProfessorInnen ist nach wie vor vorhanden. Die "Überlassung" von Leitungsaufgaben (von den Professoren gewünscht) deutet darauf hin, dass begriffen wurde, dass dies sehr arbeitsreiche Funktionen sind und diese Arbeit auch bisher sehr oft von den Habilitierten und dem Mittelbau getragen wurde. Ausserdem wurden nur die Rechte, die sich bereits aus der venia docendi ergeben, im Gesetz geändert, aber nicht die Aufgabenstellungen der AoUniv.Profs, nämlich die eigenverantwortliche Fachvertretung in Forschung und Lehre. 3) Die Frauen- und Geschlechterforschung ist bisher nicht im mainstream der Forschung und Lehre brauchte unabhängige habilitierte Personen. Ohne Professuren waren es die habilitierten AoProfessorinnen, die eigenverantwortlich ein Fach vertreten konnen, Assistentinnen und Lektorinnnen, die diese wesentlichen Neuerungen auf der Universität in Lehre und Forschung aufrecht erhalten haben. 4) Die Anzahl und Mitglieder der Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen sowie deren Funktionsdauer ist nun in den Satzungen festzuschreiben, was einer Abhängigkeit von der "Frauenfreundlichkeit" der jeweiligen Universität bedeutet. Eine österreichweite eindeutige Stellung der Politik zum Amsterdamer Vertrag und dem Gender Mainstreaming würde es den Bastionen des Androzentrismus, welche die Universitäten immer noch sind, erleichtern, sich mit dem Gender Mainstreaming zu beschäftigen und ihm nachzukommen. dieStandard.at: Ist der Widerstand gegen das Universitätsgesetz 2002 gescheitert? Gibt es nach der Zustimmung des Ministerrats zur Regierungsvorlage noch Möglichkeiten der Intervention? Roswith Roth: Es werden noch Gespräche und Diskussionen geführt, Petitionen verfasst, Aktionen geplant, um vor allem die WissenschaftsprecherInnen und den Wissenschaftsausschuss zu erreichen und zu informieren. Alle Möglichkeiten der Interventionen werden ausgeschöpft werden.