Unternehmen
Führungswechsel bei Hugo Boss
Bruno Sälzer löst langjährigen Vorstandschef Werner Baldessarini ab - Kritik an Bilanzierungspannen in den USA
Stuttgart - Der neue Hugo-Boss-Chef Bruno Sälzer hat auf
der Hauptversammlung des deutschen Modekonzerns am Dienstag Kritik am
Damengeschäft und Bilanzierungspannen in den USA einstecken müssen.
Sälzer betätigte vor mehr als 1.000 Aktionären in Stuttgart, dass der
Vorstandschef und der Finanzchef der US-Tochter so lange frei
gestellt würden, bis die Probleme geklärt sind. "Sie sind keines
Vergehens irgendwelcher Art angeklagt." Sälzer rechnet mit einem
Ergebnis der Prüfungen Ende nächster Woche.Pannen
Boss hatte vor wenigen Wochen bei einer Inventur in den USA
unterdotierte Rückstellungen und Bestandsdifferenzen für 2001 und
2002 von insgesamt acht Mill. Euro festgestellt und daraufhin am
Montag die Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr von 107
Mill. Euro auf 95 Mill. Euro nach unten korrigiert. Kritik an der
späten Mitteilung wies Sälzer mit Blick auf die unterschiedlichen
Verhältnisse in den USA zurück: "Wir haben sehr schnell reagiert."
Beifall für Baldessarini
Sälzer löste auf der Hauptversammlung Werner Baldessarini als
Vorstandschef ab. Der 57 Jahre alte Baldessarini will sich
künftig mehr Freizeit gönnen und dem Unternehmen nur noch als Berater
und Aufsichtsrat zur Verfügung stehen. Der international bekannte
Modemacher stand dreieinhalb Jahre an der Spitze von Boss. Er wurde
von den Aktionären mit Beifall verabschiedet. Sälzer (44) war bisher
stellvertretender Vorstandsvorsitzender.
Handlungsbedarf bei Damen-Mode
Der neue Boss-Chef unterstrich, dass die enttäuschend gestartete
Damensparte nach der Verlagerung von Mailand nach Metzingen und mit
verbesserten Kollektionen in der Herbst-/Wintersaison 2003 die
Gewinnschwelle erreichen soll. Mit großem Applaus wurde der Vorschlag
einer Kleinaktionärin begrüßt, in die Management-Herrenriege bei Boss
für das Damengeschäft eine Frau in den Vorstand zu berufen. Mehrere
Aktionärsvertreter forderten eine Umwandlung der im MDAX notierten
stimmlosen Vorzugsaktien in Stammaktien. Finanzvorstand Jörg-Viggo
Müller entgegnete, er sehe dazu keinen Anlass.
Jagd nach Marktanteilen
Sälzer erwartet in diesem Jahr weiterhin ein leichtes
Umsatzwachstum (Erlöse 2001: 1,095 Mrd. Euro), obwohl der Weltmarkt
für Herrenmode, das mit Abstand größte Boss-Segment, nach zehn Jahren
Wachstum erstmals wieder schrumpfen werde. "Wir wollen deutlich
Marktanteile gewinnen", sagte Sälzer. Die Lizenzen für Unterwäsche,
Socken und Strickwaren will die Hugo BossAG (Metzingen, Kreis
Reutlingen) auslaufen lassen und die Textilien künftig selbst
produzieren. (APA/dpa)