Wien - Wer ab dem 1. Juli 2002 in Österreich ein Dienstverhältnis eingeht, hat keine Wahl: Für ihn gilt das Modell Abfertigung neu. Der Dienstgeber zahlt 1,53 Prozent der Bruttolohnsumme in eine der neuen Mitarbeitervorsorgekassen ein. Bei Selbstkündigung wird der Anspruch in einem "Rucksack" zum nächsten Dienstgeber mitgenommen. Für die große Mehrheit, die über den 1. Juli bereits ein bestehendes Dienstverhältnis hat, stellt sich nun aber die Frage, ob das neue System lukrativer ist oder das alte. In den meisten Fällen ist die Antwort recht einfach: Wer nennenswerte Abfertigungsansprüche aus dem alten System hat, für den zahlt sich ein Wechsel nicht aus. Denn: Im neuen System gibt es prinzipiell weniger Geld. Während bisher rein rechnerisch bereits nach 25 Jahren Arbeit ein Jahresgehalt in der Höhe des Letztgehaltes am "Konto" stand, muss nach der neuen Regelung im Schnitt 37 Jahre gearbeitet werden, um ein Jahresgehalt (gemessen aber am niedrigeren Lebensdurchschnittsgehalt) an Abfertigung zu bekommen. Einigung mit dem Arbeitgeber Diese Rechnung kann sich aber recht schnell als falsch herausstellen, wenn es im weiteren Arbeitsleben auch nur eine einzige Selbstkündigung gibt. Dann ist der gesamte Anspruch im alten System weg. Wer also in absehbarer Zeit einen Wechsel des Arbeitgebers plant, für den ist ein Wechsel sinnvoll. Um in die Abfertigung neu wechseln zu können, muss allerdings eine Einigung mit dem Arbeitgeber erzielt werden. Dieser muss die bisherigen Ansprüche ganz oder teilweise in die neuen Kassen einbringen. Wie viel das ist, ist Verhandlungssache. "Ahnt" der Dienstgeber etwa, dass sich sein Mitarbeiter verabschieden will, wird seine Bereitschaft, in die neue Kasse einzuzahlen, gering sein. Denn dann ist das Geld endgültig Eigentum des Dienstnehmers und auch bei dessen Selbstkündigung weg. Den Vorteilen stehen aber für bestehende Dienstverträge auch große Nachteile gegenüber. Besonders für Besserverdienende mit einer dynamischen Einkommensentwicklung ist das neue System deutlich schlechter: Ein Akademiker mit einem Anfangsjahresgehalt von 25.000 Euro und einer durchschnittlich siebenprozentigen Lohnstei gerung kommt nach 35 Dienstjahren im neuen System auf eine Abfertigung von 129.039 Euro. Das alte System hätte ihm das Doppelte, nämlich 266.915 Euro gebracht. Ein Wechsel ist also in der Regel nur dann interessant, wenn ein Wechsel des Arbeitgebers recht wahrscheinlich ist. (Michael Moravec, Der Standard, Printausgabe, 28.05.2002)