Bühne
Die Einsamkeit bleibt
"Planeta": Jewgenij Grischkowez erzählt im Künstlerhaus von der unmöglichen Liebe
Wien - Mit seinem beeindruckenden Solo "Wie ich einen Hund
gegessen habe" hatte er das "forum festwochen", die neue Reihe der
Wiener Festwochen, eröffnet und von seinem deprimierenden
Militärdienst bei der Flotte erzählt, ein einsamer Mann inmitten
tausender Matrosen. Montag Abend erweiterte der junge Russe
Jewgenij Grischkowez im dietheater Künstlerhaus seinen archetypischen
szenischen Kern um eine Frau. Unweigerlich kommt da die Liebe ins
Spiel. Doch die Einsamkeit bleibt."Natürlichkeit"
Auf einem wackeligen Metallgestell ist ein kleines Zimmer
befestigt. Durch das vorgehängte Fenster sieht man eine junge Frau
(Anna Dubrowskaja), die liest, telefoniert und ihren Gedanken
nachhängt. "Doch was sieht diese Frau, wenn sie ihrerseits aus dem
Fenster sieht?" fragt Grischkowez (neuerlich von Festival-Organisator
Stefan Schmidtke simultan übersetzt): "Mehr als hundert Leute, die im
Dunkeln sitzen und sie einfach anstarren!" Eine unangenehme
Situation, die unweigerlich zu einem Wohnungswechsel führen würde,
meint der Schauspieler und versucht daher, mit geringen Mitteln
möglichst viel "Natürlichkeit" zwischen Zuschauer und Fenster zu
zaubern, um von der Verletzung der Intimsphäre abzulenken.
Ein paar vom Wind bewegte Äste schlagen an das Fenster. Ein
Schmetterling taumelt gegen die Scheiben. Und weil Grischkowez'
Theater der Einfachheit immer unweigerlich zum Träumen einlädt,
knipst er nicht nur den nächtlichen Sternenhimmel an, sondern lässt
später auch den blinkenden Sputnik von seiner Umlaufbahn abkommen und
auf dem Bett der Frau Station machen.
Mit viel Text und wenig Gesten erzählt der Performer von der
Liebe, die einem in jedem Augenblick des Lebens begegnen könnte und
doch beinahe nie ihre Wunderkraft entfalten kann, weil die Menschen
die wenigen magischen Momente ungenützt verstreichen lassen. In
Gedanken sind sie weniger bei ihrer Umgebung als in der Ferne. Etwa
auf amerikanischen Highways, wo sie als Truck-Driver mit verbissenem
Blick ernsten Aufgaben nachgehen, dem Transport von Fleisch und
Gemüse kreuz und quer durch die USA und dem Liebe-Machen mit
Prostituierten auf Parkplätzen.
Grischkowez' eigentümlicher Theater-Kosmos hat in "Planeta" nichts
von seinem Reiz verloren. Noch schöner wäre es allerdings, würde der
Fixstern seinen Trabanten etwas weniger überstrahlen. Denn gerne
hätte man mehr von der jungen Frau und ihren Sehnsüchten erfahren.
Zur Liebe gehören schließlich immer zwei.(APA)