Deutschland
Jüdischer Zentralrat sieht keine Basis für Gespräch mit FDP
Spiegel verlangt klare Absage des Parteivorstands an Möllemann - FDP-Vize soll Aussagen zurück nehmen
Berlin - Der Zentralrat der Juden in Deutschland
sieht im Antisemitismus-Streit weiterhin keine Basis für ein Gespräch
mit der FDP-Spitze. Solange FDP-Vizechef Jürgen Möllemann nicht seine
Aussagen relativiere, zurücknehme oder sich dafür entschuldige, sehe
er keine Möglichkeit für ein Gespräch, sagte der Präsident des
Zentralrates, Paul Spiegel (SPD), am Dienstag im Südwestrundfunk.
Möllemann hatte zuvor in der ARD am Vorwurf festgehalten, Spiegels
Stellvertreter Michel Friedman (CDU) verstärke mit seiner
Argumentation gegen die Kritiker der Politik des israelischen
Premiers Ariel Sharon antisemitische Ressentiments, die latent in
Deutschland vorhanden seien. Spiegel sagte, der jüdische Zentralrat sei grundsätzlich bereit,
sich mit der FDP zu treffen. Er erwarte aber zuvor von Möllemann eine
Entschuldigung oder Relativierung seiner Aussage, die Juden seien
selbst Schuld an der Entstehung des Antisemitismus. "Und ich erwarte
eine ganz klare Absage des (FDP-)Bundesvorstands an die Äußerungen
von Herrn Möllemann", fügte Spiegel hinzu. Möllemann hatte in der ARD
ein klärendes Gespräch zwischen ihm und Friedman vorgeschlagen. Eine
Entschuldigung lehnte er jedoch mit der Begründung ab, auch Friedman
habe sich nicht dafür entschuldigt, ihn einen Antisemiten genannt zu
haben.
Singer als Vermittler im Gespräch
Ein FDP-Sprecher sagte, Parteichef Guido Westerwelle, der sich
derzeit in Israel aufhält, wolle im Streit mit dem Zentralrat einen
Vermittler einschalten. "Die Welt" berichtete unter Berufung auf
FDP-Kreise, der Generalsekretär des Jüdischen Weltkongresses (WJC),
Israel Singer, sei als Vermittler im Gespräch. Dies wurde offiziell
jedoch nicht bestätigt. Der israelische Premier Sharon hatte bereits
am Montag im Gespräch mit Westerwelle seine Besorgnis über
"antisemitische Ausdrücke und gegen die jüdische Gemeinde in
Deutschland gerichtete Äußerungen" zum Ausdruck gebracht. Israelische
Oppositionspolitiker hatten am Montag ein Treffen mit Westerwelle
wegen "nationalistischer und antisemitischer Äußerungen" in der FDP
abgesagt.
Der deutsche Politologe Helmut Hubel wertete den Besuch
Westerwelles in Israel als "eine Art Gang nach Canossa", bei dem der
Parteichef für die Fehler Möllemanns gerade stehen müsse.(APA/Reuters)