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Foto: Reuters/Radu Sigheti

Linz - "Ein Schritt zurück", Grete Rackl, Geschäftsführerin des Linzer Frauenhauses, ist unangenehm überrascht. Sie hat eine Studie zum Themenkomplex Frauenhaus und Gewalt in Auftrag geben. Offensichtlich sehen jüngere Frauen psychische Gewalt "nicht mehr so eng", erklärt Rackl ihre Überraschung.

Für 39 Prozent der unter 30-Jährigen stellen Beschimpfungen keine Form von psychischer Gewalt mehr dar, sondern werden lediglich als "Maßregelungen hingenommen". Für mehr als die Hälfte der 31- bis 50-Jährigen und 44 Prozent der über 50-Jährigen ist Schreien aber sehr wohl Gewalt. Nur körperliche Attacken und sexuelle Nötigung werden laut der Studie von allen Altersschichten als Gewalt empfunden.

Andere Ideale

Als "Schlag gegen die Emanzipation" bezeichnete Rackl diese Entwicklung. Eine mögliche Erklärung dafür sei, dass es in den Siebziger- und Achtzigerjahren eine engagierte Frauenbewegung gegeben habe, die sich für Emanzipation und Selbstbestimmung einsetzte, "heute wird offensichtlich für andere Ideale gekämpft. Das ist ein klarer Auftrag an die Politik, mehr finanzielle Mittel für die Präventionsarbeit - vor allem bei Jugendlichen - zur Verfügung zu stellen", fordert Rackl.

Ein Ergebnis der Studie findet die Geschäftsführerin aber erfreulich: 73 Prozent der Befragten nannten spontan das Frauenhaus als wichtigsten Zufluchtsort für misshandelte Frauen. Am Mittwoch "feiert" das Haus in Linz sein 20-jähriges Bestehen. (ker, DER STANDARD, Printausgabe, 29.5.2002)