Wien
Debatte um die Zukunft der Sofiensäle geht weiter
Podiumsdiskussion erörterte Möglichkeiten: "Rekonstruktion a la Disney", "architektonisch neue Akzente" oder "Spielplatz für Ratten"
Wien - Um der öffentlichen und "denkmalschutzlastigen"
Diskussion rund um die abgebrannten Wiener Sofiensäle einen
städtebaulichen Diskurs entgegenzusetzen, lud die Österreichische
Gesellschaft für Architektur am Dienstagabend zur Debatte. Während
Eigentümervertreter und Vorstand der Sofiensäle AG, Karl Pistotnik,
nicht weiß, wie es weitergeht, sprachen sich die anwesenden
Architekten überwiegend für eine Impuls gebende neue Architektur für
ein mittelmäßiges Viertel aus. "Die Sache steht zur Zeit", erklärte Pistotnik, man warte auf das
Ergebnis des beeinspruchten positiven Denkmalbescheides. Das
ursprünglich bewilligte Hotelprojekt, dessen Baugenehmigung noch bis
zu diesem Sommer Gültigkeit habe, sei jedenfalls vom Tisch. Damals
hätten einige Investoren angesichts der Expo-Frage trotz der "Last"
des damals bestehenden Saales reges Interesse gezeigt. "Doch Expo
gestorben, Energie gestorben", meinte Pistotnik. Sechs Jahre nach
Ansuchen um die Baubewilligung habe man diese erhalten.
Nach heutiger Einschätzung bleibe eine Bauruine - "ein Spielplatz
für Ratten". So werde sich jedenfalls kein Investor finden. "Es hat
wenig Sinn, Fragmente zu rekonstruieren", sagte Pistotnik, das habe
etwas von "Eurodisney en miniature". Klar sei, dass die Eigentümer
eine vernünftige und sinnvolle Architektur für die Stadt wollten.
Aus Sicht der Stadtforscherin Renate Banik-Schweitzer ist der
Bauplatz in seinen Gestaltungsmöglichkeiten sehr beschränkt. Zum
einen liege das an der Verkehrssituation, zum anderen an der starken
Einengung durch die Vorgabe der Höhe. Nicht einmal eine Sichtachse
sei gegeben und rundherum befinde sich Wohnbau. Es sei an sich ein
ziemlich durchschnittlicher Bauplatz.
Für den Basler Architekt Meinrad Morger liegt genau hier die
Diskrepanz. Einerseits sei die Rede von einem durchschnittlichen
Bauplatz, andererseits von einem Ort von historischer Bedeutung. Er
befand die Tatsache der hybriden Nutzung des Gebäudes als Schwimmbad
und Konzertsaal als wohl "lustige Geschichte", aber "es darf auch
einmal etwas zu Ende sein", so Morger. Gerade an so einem
unscheinbaren Ort könne eine akzentuierte Architektur zur
Initialzündung für einen ganzen Stadtteil werden.
Michael Buchleitner, Vorsitzender der Sektion Architekten,
forderte die Stadt Wien auf, mit dem Investor verstärkt in Diskussion
zu treten, und betonte, dass ein Investor nicht als Gegner angesehen
werden könne. Der Architekt stelle ein Projekt auf stabile Fundamente
und "der Investor ist auch ein Fundament". Erich Steinmayr, Architekt
und Mitglied im Denkmalbeirat, meinte, dass Architektur nur
eingebettet in einem auch ökonomisch stimmigem, Projekt zu einem
Ergebnis komme. Auch aus Sicht des Denkmalschutzes gebe es einen
Punkt wo man sagt: "Stunde Null - und weiterdenken."
Die Meinungen im Publikum waren geteilt. Zum einen der Wunsch nach
Erhalt bzw. Wiederaufbau und zum anderen die Akzeptanz eines neuen
architektonischen Projektes, das durch gemischte Nutzung auch zur
Belebung der Umgebung beitragen könnte. Für manch einen wurde der
Denkmalschutz schon viel früher aufgegeben: Durch Vernachlässigung in
den vergangen fünfzig Jahren und durch die Zulassung von
Veranstaltungen aller Art.(APA)