Medien
Bei T-Online heißt es Schluss mit gratis
Chef Thomas Holtrop will "den Geburtsfehler des Internets verändern"
Er wolle "den Geburtsfehler des Internets
verändern", sagte T-Online-Chef Thomas Holtrop am Mittwoch bei der
Hauptversammlung der Telekom-Tochter in Köln, und das soll heißen:
Schluss mit gratis. Zwar werde es auch künftig kostenlose Inhalte im
Internet geben, aber für so genannte Premium-Angebote soll der Nutzer
zahlen. Die inzwischen rund neun Millionen T-Online-Kunden in Deutschland
scheinen dazu auch bereit, will Holtrop aus den Erfahrungen mit
ersten derartigen Produkten erkannt haben. Wie das konkret aussehen
kann, schilderte er mit zwei Beispielen.
So lasse sich die Titelstory des jeweils neuen "Spiegels" schon
einen Tag vor der Auslieferung der gedruckten Hefte online abrufen -
für einen Euro (b
etat.at berichtete). Die aktuelle Folge der populären RTL-Vorabendserie
"Gute Zeiten, schlechte Zeiten" lässt sich dank breitbandigem
DSL-Streaming zwölf Stunden vor Ausstrahlung im Fernsehen auf dem
Computer betrachten. Der Zielgruppe zwischen 14 und 20 Jahren sei
dies ebenfalls einen Euro pro Abruf wert.
Aktionäre voll des Lobes
Die Aktionäre zeigten sich voll des Lobes für das Gewinnstreben,
aber auch die zurückhaltenden Prognosen und die Informationspolitik
des Anfang vergangenen Jahres neu eingesetzten Vorstands bei
T-Online. Kritik blieb, ganz im Gegensatz zur von Pfiffen und
Buhrufen beherrschten Hauptversammlung der Mutter Telekom, fast aus.
Und das, obwohl die Aktie von T-Online mit rund zehn Euro heute nur
noch weniger als ein Drittel des Wertes hat, den der Ausgabekurs von
35 Euro darstellte. Immerhin hat sich das Papier von seinem Tief von
unter fünf Euro im Spätsommer vergangenen Jahres wieder deutlich
erholt.
Offenbar sehen die Aktionäre die Chancen auf höhere Einnahmen aus
dem Nicht-Zugangsgeschäft, also Werbung, E-Commerce und den
Bezahlinhalten. Bis zum Jahr 2004 soll der Umsatzanteil aus diesem
Bereich von jetzt etwa 19 Prozent auf 30 Prozent klettern, so die
Pläne Holtrops.
Zahlungen per Telefonrechnung
T-Online kommt dabei zugute, dass der Anbieter anders als die
Konkurrenz zum Beispiel von AOL in Deutschland noch aus alten
Btx-Zeiten über ein Zugangssystem verfügt, das jedes Nutzerkonto mit
der Telefonrechnung des Anschlussinhabers verknüpft. Das war oft als
antiquiert und unflexibel kritisiert worden. Dadurch konnte jetzt
aber ein Abrechnungssystem eingerichtet werden, das es einfach macht,
selbst Zahlungen im Centbereich per Telefonrechnung abzubuchen.
Probleme, auch auf der Kostenseite, die andere Anbieter
beispielsweise bei der Bezahlung per Kreditkarte haben, entfallen für
das deutsche Unternehmen.
Geschäftsmodelle
Zwar ist das System bisher ausschließlich mit dem Betriebssystem
Windows zu nutzen. Anwender mit Mac- oder Linux-Systemen bleiben
derzeit ausgeschlossen, diese sind aber ohnehin eine Minderheit. Nach
Aussage von Holtrop treffen die neuen Möglichkeiten bei potenziellen
Geschäftspartnern durchaus auf Gegenliebe. Es gebe eine Entwicklung
zu Geschäftsmodellen, die auf Teilung der Erträge hinausliefen. Damit
kann T-Online mehr attraktive Inhalte bieten, ohne wie bisher dem
Urheber vorab bereits Millionenbeträge auf den Tisch legen zu müssen.
Keine konkreten Auskünfte gab es bei der Hauptversammlung, wer zu
den künftigen Partnern gehören könnte. Erst Anfang der Woche hatte
Telekom-Sprecher Ulrich Lissek bestätigt, dass der Konzern Interesse
an den Rechten für die Fußball-Bundesliga habe. An guten und
interessanten Inhalten für Internet und Handy sei die Telekom immer
interessiert, wurde er zitiert. (APA/AP)