Wien - Die Prostitution auf dem Balkan blühe vor allem in
jenen Gebieten, in denen internationale Streitkräfte stationiert
sind. Dies bestätigte die Vorsitzende der Task Force gegen
Menschenhandel des Stabilitätspaktes für Südosteuropa, Helga Konrad,
am Mittwoch. "Zigtausende von Soldaten und Männern
in Uniformen erzeugen einen Markt", betonte die Ex-Frauenministerin.
Zwar würde dies nicht bedeuten, dass nur internationale Soldaten
Kunden wären, aber es sei eine Tatsache, dass die im Menschenhandel
Involvierten die "schwache Rechtsstaatlichkeit und noch nicht
gefestigte Demokratie" ausnützen würden. "Es wird ein Markt gesehen, erzeugt und ausgenützt", bestätigte
Konrad den Zusammenhang zwischen Prostitution und der Präsenz
internationaler Streitkräfte auf dem Balkan. Sie präsentierte am
Mittwoch in Wien einen neuen Bericht der UNICEF, der sich mit den
Problemen des Menschenhandels in Südosteuropa befasst. Aus diesem
gehe hervor, dass bis zu 90 Prozent der Opfer des Menschenhandels in
der Prostitution landen würden.
Kein Vertrauen in die Polizei
Zudem würden nur etwa 30-35 Prozent der Opfer erreicht, erklärte
Konrad. Die meisten blieben unidentifiziert, weil
sie auch "kein Vertrauen in die Polizei und andere Einrichtungen
haben". Der Großteil der Opfer sei den Menschenhändlern "völlig
schutzlos ausgeliefert", bedauerte Konrad.
Viele der später in die Prostitution gezwungenen jungen Mädchen
stammen aus den ärmsten Gebieten Südosteuropas, wie etwa Moldawien,
Rumänien oder der Ukraine. Als Beispiel für eine trostlose Situation
der Jugendlichen nannte Konrad die Lage in Moldawien. Gar 90 Prozent
der 18- bis 29-Jährigen wollten das Land verlassen, weil sie keine
Perspektiven sehen. Fast 40 Prozent würden Moldawien für immer
verlassen wollen.
Eigenverantwortung der Länder
Der Balkan-Stabilitätspakt versuche jedenfalls, den einzelnen
Ländern Unterstützung im Kampf gegen den Menschenhandel zu bieten. Es
werde versucht, eine "Grundstruktur" aufzubauen, damit die Länder
diese Probleme bewältigen könnten. Vor allem leiste man auch
finanzielle Unterstützung, aber schlussendlich müssten die Länder
selbst die Verantwortung übernehmen, betonte Konrad. Eine bedeutende
Rolle spiele hier vor allem die grenzüberschreitende Kooperation.
Entscheidend sei auch die Realisierung der nationalen Aktionspläne
und Reformen und Harmonisierung der Gesetze, sagte sie abschließend. (APA)