Den Haag - Im Prozess gegen den früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic hat am Donnerstag ein Albaner als erster Überlebender Einzelheiten des Blutbads im Kosovo-Dorf Racak am 15. Januar 1999 geschildert. Die Aktion, bei der 45 Menschen umkamen und die den letzten Anstoß für die NATO-Luftangriffe gegen Jugoslawien gab, ist nach seinen Angaben von serbischen Polizisten ausgeführt worden. Soweit er wisse, seien alle Opfer albanische Zivilisten gewesen, schilderte er beim UNO-Tribunal in Den Haag. Avdiu Billal sagte, er sei zusammen mit anderen Männern von der Sonderpolizei (MUP) aus einer Scheune geholt und einen Hohlweg hügelaufwärts getrieben worden. Dort hätten die Polizisten unter wüstem Schimpfen das Feuer auf sie eröffnet. Er sei mit anderen zu Boden gefallen und habe sich fünf Stunden lang tot gestellt, berichtete der heute 55-Jährige. In der Nacht entkam er mit weiteren Überlebenden in die Berge. Zuvor hatte Milosevic im Kreuzverhör des kanadischen Generals Michel Maisonneuve den Polizeieinsatz in Racak als legitime Aktion im Kampf der serbischen Behörden gegen "albanische Terroristen" bezeichnet. Der General, der zur Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gehört und Stunden nach dem Einsatz bei dem Dorf 40 bis 45 Leichen gesehen hatte, widersprach. Nach seinem Eindruck habe es sich um Bauern gehandelt, die aus kurzem Abstand erschossen wurden. Für ihn habe es keinen Anhaltspunkt dafür gegeben, dass die Opfer der Befreiungsbewegung UCK angehörten, sagte er. Der Leiter der OSZE-Beobachtermission, der amerikanische Botschafter William Walker, hatte bereits kurz nach der Aktion von einem "Massaker an unschuldigen Zivilisten" gesprochen. (APA/dpa)