Wien - Die Kostenproblematik ist derzeit auch in den Reformstaaten das Hauptthema, stellte Alarich Fenyves, seit einem halben Jahr Partner bei Roland Berger & Partner GmbH Strategy Consultants in Wien und hier für den Bereich Finanzdienstleistungen in Mittel- und Osteuropa zuständig, in einem Gespräch mit dem STANDARD fest. In diesem Bereich würden die Vorschläge der Beratungsfirmen am dringendsten gesucht. Als Begründung dafür, dass die Kosten auch im Osten zunehmend zum Hauptproblem werden, nannte der frühere Vorstand der Creditanstalt (CA) und der Bank Austria Creditanstalt International (BACAI) die immer engeren Grenzen des Wachstums, die sich auf der Erlösseite zeigten. Schließlich würden auch in dieser Region die Märkte kompetitiver, was einen starken Druck auf die Preise ausübe. Erträge ließen sich daher vor allem über die Kosten verbessern. Fenyves zählt in den Reformstaaten rund 100 Finanzdienstleister zu den Kunden von Roland Berger & Partner, wobei Banken und Versicherungen etwa in gleichem Ausmaß vertreten seien. Bei der Mehrzahl der Kunden handle es sich allerdings um westliche Unternehmen, die in dieser Region tätig seien. "Im Osten empfindet es die Führungsspitze noch immer als Schwäche, bei gewissen Problemen einen Berater zuzuziehen", meinte Fenyves, der seinen neuen Job auch schon von der anderen Seite her kennen gelernt hat. "Auch bei der CA und der BACAI haben wir bei komplexen Fragestellungen immer wieder Berater beigezogen. Sie bieten eine gewisse Systematik an, stellen zusätzliche Kapazitäten dar und zwingen den Kunden, in den Spiegel zu schauen." Eine Gefahr bestehe nur darin, sich in allzu große Abhängigkeit zu begeben und geradezu "süchtig" nach Beratern zu werden, lässt er eine Konstellation anklingen, die ihm in seiner jetzigen Position zugute kommt. Beratungsangebot Das Beratungsangebot von Roland Berger umfasst alle Fragen der Unternehmensführung - von der strategischen Ausrichtung bis zur Einführung neuer Geschäftsprozesse und Organisationsstrukturen. Für jedes Beratungsprojekt wird ein Team von drei bis vier Experten zusammengestellt, wobei auch ein gewisser Zeitrahmen vorgegeben ist. Im Gegensatz zu anderen Beratungsunternehmen, so Fenyves, begleitet Roland Berger seine Kunden auch bei der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen. "Wir sorgen dadurch für nachhaltige Effekte, etwa bei einem Kostensenkungsprogramm." Der mit Abstand größte Markt im Bereich der Finanzdienstleistungen ist Polen, gefolgt von Tschechien, Ungarn, der Slowakei und Kroatien. In Rumänien und Bulgarien sei das Beratungsgeschäft noch weniger gefragt, meinte Fenyves, der darauf verwies, dass für die Inanspruchnahme einer Beratungsfirma auch eine "gewisse kritische Größe" notwendig sei. Schließlich sei deren Tätigkeit mit hohen Kosten verbunden. Eine gewisse kritische Größe benötigen auch westliche Banken und Versicherungen, wenn sie im Osten reüssieren wollen, sagte Fenyves. Ein Marktanteil von fünf Prozent - bei Banken gemessen an der Bilanzsumme, bei Versicherungen gemessen am Prämienvolumen - sollte schon erreicht werden, sonst lohnten sich Investitionen kaum. Das Wiener Büro von Roland Berger & Partner beschäftigt 45 Mitarbeiter, davon 27 Berater, und setzte im vergangenen Jahr 20,3 Mio. Euro um. Vom Umsatz entfielen etwa 50 Prozent auf den Industriebereich, jeweils 20 Prozent auf die Beratung von Infrastruktur- und Dienstleistungsunternehmen sowie zehn Prozent auf den Handel. Das 1967 gegründete Unternehmen, das etwa 50 Partnern und ebenso vielen "associated partners" gehört, ist mit 32 Büros in 22 Ländern tätig, verfügt über knapp 1700 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2001 einen Honorarumsatz von über 500 Mio. Euro. (Günter Baburek, Der Standard, Printausgabe, 31.05.02)