Brüssel - Das EU-Parlament hat sich am Donnerstag für eine behutsame Liberalisierung des Autohandels in Europa ausgesprochen. Erst 2005 soll nach Ansicht der EU-Abgeordneten der derzeitige Gebietsschutz der Autofirmen fallen, vorher soll es noch eine Zwischenbilanz geben, ob nicht ohnedies genug Wettbewerb herrscht. Die EU-Kommission, die für die Neuordnung des Autosektors zuständig ist, will hingegen schon ab 2003 und ohne Zwischenbilanz liberalisieren und ist dabei nicht an die Wünsche des EU-Parlaments gebunden. Die SPÖ-Abgeordnete Maria Berger, die den Vorschlag mit der Zwischenbewertung eingebracht hat, zeigte sich nach der Abstimmung erfreut. Zugleich sagte sie, sie mache sich "nicht sehr viele Illusionen" darüber, dass die EU-Kommission diesem Wunsch des EU-Parlaments folgen werde. EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti hat mehrmals öffentlich unterstrichen, dass er gegen eine Zwischenbewertung sei. Er will Mitte Juli seine Entscheidung über den künftigen Wettbewerbsrahmen für die Autoindustrie bekannt geben. Allenfalls könnte Monti die Frist verlängern und die Autoindustrie erst 2004 den strengen Wettbewerbsregeln unterwerfen, erwartet Berger. Gruppenfreistellungsverordnung Die Autoindustrie hat seit Jahren eine Ausnahme von den EU-Wettbewerbsbestimmungen (Gruppenfreistellungsverordnung), wonach einzelnen Händlern die exklusive Vertriebsrechte für einzelne Marken zugewiesen werden können (Gebietsschutz). Diese Ausnahme läuft im Oktober 2002 aus, Monti will die Regeln nur abgeändert verlängern. So soll die Industrie künftig auswählen müssen, ob sie einem Händler ein Gebiet exklusiv zuteilt, dieser Händler dürfte dann aber an jeden Kunden, auch an andere Großhändler bis hin zu Kaufhäusern, die Autos verkaufen (exklusives System). Andernfalls könnte der Hersteller dem Händler Qualitätsvorgaben und Einschränkungen beim Verkauf verordnen (selektives System), dann könnten aber andere Händler nicht daran gehindert werden, in der Region die gleiche Marke anzubieten. Mehr Marken Grundsätzlich dürfen Autohändler künftig mehrere Marken anbieten. Dadurch könnte sich etwa ein Händler auf Mini-Vans spezialisieren und dem Kunden mehrere Modelle unter einem Dach anbieten, sagte der Berichterstatter des Europa-Parlaments zu diesem Thema, der CDU-Abgeordnete Christoph Konrad. Außerdem zwingen die geplanten Veränderungen Autofirmen dazu, technische Spezifikationen ihrer Produkte an Werkstätten weiter zu geben, die nicht an ihre Marke gebunden sind. Auch der Handel mit Ersatzteilen wird liberalisiert. Händler müssen künftig nicht auch eine Werkstätte führen, es reicht, wenn sie eine Vertragswerkstätte weiter empfehlen können. (APA)