Riva/Bozen/Innsbruck - Wegen heftiger Differenzen über die Südtirol-Attentäter der 60er-Jahre ist am Mittwoch der so genannte Dreier-Landtag von Tirol, Südtirol und Trentino in Riva am Gardasee geplatzt. Anlass war ein Antrag auf Begnadigung aller in Italien verurteilten Attentäter, die sich in Italien der Haft entzogen haben und die seit Jahrzehnten großteils in Österreich und Deutschland leben.Die Initiative für den Appell an den italienischen Staatspräsidenten, der die Begnadigung vorzunehmen hätte, stammte von der Bozner Abgeordneten der "Union für Südtirol" Eva Klotz, einer Tochter des ehemals führenden Südtirol-Aktivisten Georg Klotz. Sowohl die in Südtirol dominierende Südtiroler Volkspartei (SVP) wie auch drei der vier Tiroler Parteien - ÖVP, SPÖ und FPÖ - hatten Zustimmung signalisiert. Kritik kam von Abgeordneten des Trentino sowie von den Grünen Tirols und Südtirols, die sich gegen eine generelle Begnadigung aller der großteils zu lebenslanger Haft verurteilten Attentäter aussprachen. Nachdem die Trentiner Abgeordneten in einem eigens geforderten separaten Votum gegen den Antrag stimmten, verließ die Südtiroler Volkspartei mit den Antragstellern den Saal. SVP-Klubchef Walter Baumgartner sah im Trentiner Votum gar einen "Affront gegen das Südtiroler Volk". Die beiden Grün-Parteien sprechen von einem "besorgniserregenden Rechtsruck innerhalb der SVP". Abgesehen davon, dass die Begnadigung ein individueller Rechtsakt sei und kein kollektiver, müsse außer Streit stehen, "dass damit niemals rückwirkend Gewalt legitimiert oder gar die heutige Südtirol-Autonomie als Erfolg der Attentäter gesehen werden darf", meint die Südtiroler Grün-Abgeordnete Christina Kury zum STANDARD. Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP), der dem Antrag "wohl zugestimmt" hätte, gibt sich nun vorsichtig. 30 Jahre nach Beginn des Prozesses für die Südtirol-Autonomie sei "die Zeit reif für einen Schlussstrich unter die 60er-Jahre". Er zweifelt aber, dass sich der Staatspräsident durch aufsehenerregende Landtagsdebatten werde bewegen lassen. Durnwalder will "strikt unterscheiden zwischen den meisten Attentätern der 60er" und jenen, die noch in den 70ern und 80ern, als die Autonomie bereits poltisch verhandelt wurde, "Attentate durchführten oder offen unterstützten". Namentlich angesprochen auf die beiden wegen Mordes verurteilten deutschnationalen Publizisten Erhard Hartung und Peter Kienesberger, denen der Anschlag auf der Porzescharte an der Grenze zwischen Ostirol und Belluno zur Last gelegt wird, bei dem im Juni 1967 zwei Carabinieri und zwei Alpinisoldaten den Tot fanden, sagte Durnwalder: "Für diese werde ich mich nicht verwenden." (DER STANDARD, Printausgabe, 31.5.2002)