Die skeptischen Stimmen gegenüber der Erweiterung nehmen zu. Dies bestätigt nun erstmals ein hochrangiges Mitglied des Rats der Union. "Es stimmt, in Brüssel und in den Mitgliedsstaaten mehren sich die kritischen Stimmen gegenüber der Erweiterung zum geplanten Zeitpunkt 2004. Das Prinzip der Erweiterung selbst stellt aber niemand infrage", bestätigt der aus Österreich kommende Brüsseler Spitzendiplomat Leopold Radauer im Gespräch mit dem Standard. Radauer ist im Generalsekretariat des Rats Direktor für die Erweiterung und hält somit eine der Schlüsselpositionen bei der Realisierung des größten diplomatischen Projekts seit 1945. Bis Jahresende sollen die Verhandlungen mit zehn Ländern abgeschlossen und die neuen Mitglieder bereits am 1. Jänner 2004 in die EU aufgenommen werden. Die Verhandlungen gestalten sich zunehmend schwierig. Große Sorgen hat man, weil in einigen Beitrittsländern die administrativen Kapazitäten mangelhaft sind. Dies zeigen die ersten Ergebnisse des von der EU eingeleiteten Monitoringprozesses in allen Kandidatenländern. Mithilfe des Monitorings kann die Union überprüfen, ob die Beitrittsländer jene Zusagen einhalten, die sie während der Verhandlungen gegeben haben. Monitoringprozesse laufen derzeit u. a. im Bereich der Lebensmittelsicherheit und bei Nuklearanlagen. Administrative Mängel Administrative Mängel gibt es bei den Rechtssystemen in den Beitrittsländern. "Das Monitoring wird über das Beitrittsdatum hinaus in einigen zentralen Bereichen weitergehen müssen", ist Radauer überzeugt. Offen sind die Kapitel Landwirtschaft, Finanzen und Budget sowie die Dotierung der Strukturfonds. Schwierigkeiten gibt es im institutionellen Bereich. Sowohl Tschechien als auch Ungarn wollen mehr Mitglieder im Europäischen Parlament (EP), als beim Gipfel in Nizza vorgesehen war. (Katharina Krawagna-Pfeifer aus Brüssel, Der Standard, Printausgabe, 01.06.02)