Inland
Riess-Passer rechnet mit Mandatsverzicht Gauggs
Vizekanzlerin: "Klima in Koalition nicht wichtig" - Opposition kritisiert Schönreden von Steuererhöhungen
Wien - FPÖ-Obfrau Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer geht
davon aus, dass FPÖ-Sozialsprecher Reinhart Gaugg sein Mandat im
Nationalrat zurücklegen wird. Falls er im Parlament bleiben sollte,
würde er unter die 66.000 Schilling-Einkommensgrenze (4.796 Euro) für
FPÖ-Politiker fallen, so die Vizekanzlerin am Sonntag in der
Fernseh-Pressestunde. Die Bestellung Gauggs zum Vize-Generaldirektor
der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) wurde von Riess-Passer
verteidigt. Gaugg habe ihr, Riess-Passer, zugesagt, dass er bei einem Wechsel
in die PVA aus dem Parlament ausscheiden werde. Neuerlich meinte sie
zur umstrittenen Bestellung, dass es für FPÖ-Funktionäre kein
Berufsverbot geben dürfe. Gaugg habe Erfahrungen als Bankmanager und
als Sozialpolitiker. Erstmals seien die Kandidaten für eine
Bestellung von Spitzenjobs in der PVA von einem unabhängigen
Personalberater bewertet worden. Gaugg werde die Zusammenführung der
Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten
erfolgreich durchführen, so die Vizekanzlerin.
Leitantrag zur Sozialpolitik
Riess-Passer bestätigte in der Fernseh-Pressestunde, dass der
FPÖ-Bundesparteitag am kommenden Sonntag einen Leitantrag zur
Sozialpolitik beschließen werde, in dem auch eine steuerliche
Entlastung der unteren und mittleren Einkommen enthalten sein wird.
Konkret will die Vizekanzlerin ab 2003 Einkommen bis 3.000 Euro
"spürbar entlasten", das seien 80 Prozent der Bevölkerung.
Zahlen über das Volumen der Steuerreform wollte sie nicht nennen.
Finanziert werden soll die Steuerreform durch Einsparungen in der
staatlichen Verwaltung. Einen Rückfall in Zeiten des Schuldenmachens
schließt die Vizekanzlerin aus.
Angleichung
Zur geplanten Anhebung der Tabaksteuer merkte die FPÖ-Politikerin
an, es sei dies keine Steuererhöhung, sondern die Angleichung an den
von der EU vorgegebenen Steuersatz von 57 Prozent bei Tabakwaren.
"Mit Rauchern habe ich kein Mitleid", so die Vizekanzlerin.
Entscheidend sei, dass die Mehreinnahmen für die Krankenkassen
zweckgewidmet werden.
Konfrontiert mit einer OGM-Umfrage, wonach 72 Prozent der
Österreicher das Klima in der Regierung als schlecht einschätzen,
meinte Riess-Passer: "Das Klima in der Koalition ist mit Verlaub
nicht wichtig. Entscheidend ist, dass gearbeitet wird." Beim Thema
EU-Erweiterung gebe es in der Regierung unterschiedliche Positionen:
"Wir sind keine Papageien, die alles gleich nachplappern." Die FPÖ
verstehe sich als "Anwalt der Interessen der Österreicher in
Brüssel". Österreich dürfe die Osterweiterung nicht mehr kosten als
ein bis 1,1 Prozent des BIP. So viel zahle Österreich bereits heute
nach Brüssel.
ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch meinte, "während sich
Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer zur Steuerreform weiterhin bedeckt
hielt und lediglich für das kommende Jahr einen ersten Schritt zur
steuerlichen Entlastung in Aussicht stellte, haben ÖGB und AK bereits
Freitag vergangener Woche einen klaren Vorschlag zur Entlastung der
ArbeitnehmerInnen auf den Tisch gelegt".
Selbstzufriedene Schönrednerei
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures warf Riess-Passer "satte
Selbstzufriedenheit" vor. "Statt ein Konzept für eine Steuerreform
vorzulegen, ist nur von Steuererhöhungen die Rede."
Der Grüne Abgeordnete Werner Kogler erklärte, "Riess-Passer ist in
der ORF-Pressestunde einmal mehr in der von ihr kreierten Disziplin
des Hochgeschwindigkeit-Schönredens angetreten. So hat sie
wortschwallartig die Erhöhung der Tabaksteuer und damit den Bruch des
eigenen Versprechens nach keiner weiteren Steuererhöhungen
weggeredet. (APA)