In Österreich ist die Fristenlösung unter dem damaligen Justizminister Christian Broda am 1. Jänner 1975 in Kraft getreten – 50 Jahre nachdem Sozialistinnen erstmals im Parlament den Antrag auf Straffreiheit für Abtreibung gestellt hatten. Seither kann eine Schwangerschaft bis zur zwölften Woche straffrei abgebrochen werden, danach nur noch aufgrund medizinischer Indikation.

Nachdem während der Nazizeit die Abtreibung mit Todesstrafe geahndet worden ist, wurde mit Beginn der Zweiten Republik der mariatheresianische Paragraf 144, der den Schwangerschaftsabbruch generell unter Haftstrafe stellte, wieder eingesetzt. Die Illegalität trieb die Frauen in ausweglosen Situationen zu Engelmacherinnen; unfassbare psychisch-physische Tragödien, lebenslange Krankheiten und allzu oft der Tod der Frauen waren die Folgen.

AUF und SPÖ: Errungenes Recht

Die Erringung des Frauenrechtes auf Abtreibung ist dem Zusammenwirken zweier maßgeblicher Kräfte zu verdanken. Wie bereits erwähnt, war die Abschaffung bzw. Entschärfung des Paragrafen 144 der Arbeiterinnenbewegung von jeher ein Anliegen gewesen. Im Linzer Parteiprogramm von 1926 wurde die Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs auf Antrag der Frau (ohne Indikation) und auf Kosten des Staates gefordert. In der Folge fühlte sich die sozialistische Alleinregierung 1971 quasi verpflichtet, diese Richtung weiterzugehen.

Auf der anderen Seite geht der Legalisierungskampf Hand in Hand mit der Gründung der Frauenbewegung in Wien, der AUF (Aktion Unabhängiger Frauen), im Jahr 1972, deren erste Aktionen um das Selbstbestimmungsrecht der Frauen über ihren Körper kreisten. "Mein Bauch gehört mir", "Ob Kinder oder keine, entscheiden wir allein" lauteten einige der Slogans.

Gegensätzliche gesellschaftliche Pole

Als sich ebenfalls 1972 das "Aktionskomitee zur Abschaffung des § 144" – darunter Eva Kreisky, Irmtraud Goessler, Rosemarie Fischer und Gertrud Edlinger – formierte, reagierte die konservative Opposition aufs Heftigste. Organisiert in der "Aktion Leben" versuchte sie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln entgegenzuwirken. Den Höhepunkt erreichte dieses Bestreben im Volksbegehren 1974, das die Strafrechtsreform verhindern sollte.

Das wiederum ließ sich die Linke nicht bieten. Frauen links von der SPÖ gemeinsam mit SPÖ-Frauen wollten die Umtriebe der "Aktion Leben" nicht unbeantwortet lassen. Die Ankündigungsplakate für das Volksbegehren wurden überklebt mit: "Ärzte, Richter, Pfaffen entscheiden. Wir Frauen sollen dazu schweigen". Der Text der "Aktion Leben" – "Lasst leben – schützen und helfen" mit "Durch Richter und Gefängnis" – ergänzt.

Abtreibungsdemo

Die berühmt berüchtigste Aktion fand im Dezember 1972 auf der Wiener Mariahilfer Straße statt. Im Zuge einer Frauendemo gegen den Paragrafen 144 ließ sich Erika Mis als "Sträfling" mit der Nummer § 144 verkleidet, in einem Schandkarren – einer Art Gefängniskäfig – an einem Samstag durch die weihnachtliche Konsumhetze der Mariahilfer Straße ziehen. Als sinnbildliches Dreiergespann fungierten ein "Priester", ein "Richter" und ein "Arzt". Die Aktion endete, indem Mis den Käfig mit einer Axt zerschlug.

Nachdem das Volksbegehren erfolglos geblieben war, wurde die Fristenlösung 1975 umgesetzt. Bereits ein Jahr später öffnete im ersten Bezirk in Wien, am Fleischmarkt, das "Ambulatorium für Schwangerenhilfe". (dabu)