Deutschland
Große Koalition unerwünscht
Brandenburgs Ministerpräsident Stolpe blitzt ab: Schröder und Stoiber gegen Koalitionsvorschlag
Frankfurt/Main - Einen Tag nach dem Berliner
SPD-Parteitag ist bei den Sozialdemokraten ein Streit über die
Möglichkeit einer großen Koalition mit der Union nach der
Bundestagswahl ausgebrochen. Ausgelöst wurde die Debatte vom
brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe, der sich in
einem Zeitungsinterview unumwunden für eine derartige Möglichkeit
aussprach. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder lehnte dies jedoch ab und auch CDU und CDU wollen von einer Großen Koalition nichts wissen.Schröder betonte nach einem Besuch in der
SPD-Wahlkampfzentrale am Montag in Berlin, er wolle die rot-grüne
Koalition im Herbst fortsetzen. Darüber hinausgehende Spekulationen
bezeichnete er als "schädlich". Schröder warf Stolpe vor, einen
Fehler gemacht zu haben.
Schröder kommentierte das mit den
Worten: "Es kann jeder mal einen Fehler machen und Äußerungen tun,
die dann Kreise ziehen." Dies sei "hiermit richtig gestellt", fügte
der SPD-Vorsitzende hinzu. Stolpe habe mit seiner Äußerung "nicht im
Auftrag gehandelt".
Es gelte weiterhin, was auf dem Parteitag der Sozialdemokraten am
Wochenende beschlossen wurde: Die SPD müsse stärkste Partei werden.
"Wenn das Wahlergebnis es hergibt, wird es die Fortsetzung der
rot-grünen Koalition geben." Schröder widersprach auch Stolpes
Kritik, der Kanzler halte an erfolglosen Ministern fest. Das Kabinett
arbeite insgesamt gut, unterstrich der Regierungschef.
Stolpe: Programme von SPD und CDU "nicht riesenweit auseinander"
Stolpe hatte der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" gesagt, er
würde sehr zu einer großen Koalition raten. "Mit Blick auf das, was
dringend getan werden muss", seien die Programme von CDU und SPD
"nicht so riesenweit auseinander", sagte Stolpe. Er kritisierte
Stolpe indirekt die Festlegung von Bundeskanzler Gerhard Schröder auf
die Fortsetzung von Rot-Grün mit den Worten: "Der Bundeskanzler hat
so etwas wie Treueempfinden. Wenn er einmal etwas angefangen hat,
will er dabei bleiben. Er trennt sich ja auch nicht von Ministerinnen
und Ministern, von denen er nicht mehr so furchtbar viel hält".
Der Fraktionschef von CDU/CSU, Friedrich Merz, bezeichnete Stolpes
Vorstoß als "Unsinn". "Die SPD muss in die Opposition", sagte er vor
einer Präsidiumssitzung der CDU in Berlin. Der stellvertretende
Parteivorsitzende Volker Rühe betonte, alles spreche dafür, dass die
Union nach der Bundestagswahl mit der FDP regieren könne. Merz
bezeichnete FDP-Vize Jürgen Möllemann allerdings als "Belastung".
Stoiber gegen Große Koalition
"Ich will keine Große Koalition, sondern eine neue
Politik für mehr Aufschwung, mehr sichere Arbeitsplätze und weniger
Belastungen der Bürger", sagte CSU-Chef und Kanzlerkandidat Edmund
Stoiber der "Bild"-Zeitung (Dienstagsausgabe). "Wir denken nicht
einmal daran", sagte auch der bayerische Staatskanzleichef Erwin
Huber (CSU) der Münchner "Abendzeitung". Beide werteten es als
Zeichen von Schwäche der SPD, wenn dort über eine Große Koalition
nachgedacht werde.(APA/dpa/AP/red)