Alltag
Immer mehr Kaiserschnitte auf Wunsch
Sexualpädagogin Ingrid Löbner sieht Grund in zunehmender Angst vor Kontrollverlust bei Frauen
Frankfurt/Main - Schwanger zu sein macht Frauen nach
Ansicht der Tübinger Sexualpädagogin Ingrid Löbner zunehmend Angst.
"Trotz aller medizinischer Vorsorge-Programme ist Schwangerschaft zu
einem Angstprozess geworden", sagte die Diplompädagogin am Mittwoch
bei der Landestagung der hessischen Hebammen in Frankfurt. "Das
Anliegen der modernen Medizin, die Risiken einer Schwangerschaft
rechtzeitig zu erkennen, hat nicht zu weniger, sondern zu mehr
Ängsten bei den Frauen geführt."Was alles schief gehen kann...
Den Grund für die Angst vor der Schwangerschaft sieht Löbner
gerade in der Vielzahl medizinischer Voruntersuchungen. Durch das
Wissen, was alles schief gehen könne, seien die Frauen umso mehr
verängstigt. Diese Befürchtungen würden aber bei/m der ÄrztIn kaum
thematisiert. "Es ist an der Zeit, nachzudenken, ob zu einer guten
Schwangerenvorsorge nicht gehören müsste, dass alle Beteiligten über
ihre jeweiligen Befürchtungen sprechen."
Die Angst vor den Geburtsschmerzen begünstigt laut Löbner den
Trend zum Kaiserschnitt auf Wunsch. Löbner sieht dahinter eine Angst
vor "Kontrollverlust". Vor allem ältere Erstgebärende, die beruflich
erfolgreich seien, hätten in ihrer Karriere ganz andere Fähigkeiten
gelernt: Planung, Disziplin, Zielstrebigkeit, Kontrolle. Bei einer
natürlichen Geburt müssten die Frauen sich genau den gegenteiligen
Erfahrungen aussetzen: Ohnmacht, Ausgeliefertsein, Kontrollverlust.
Löbner: "Viele Frauen haben die Vorstellung: Das Leben muss
kontrollier- und planbar sein." (APA)