Deutschland
Deutsche Journalisten protestieren gegen Attacken auf Friedman
Warnung vor "antisemitischem Klischee des Juden, der die öffentliche Meinung kontrolliert"
Frankfurt - Mehr als 100 deutsche Journalisten und
Medienschaffende haben FDP-Vizeparteichef Jürgen Möllemann
vorgeworfen, den TV-Moderator und stellvertretenden Vorsitzenden des
Zentralrats der Juden Deutschlands, Michel Friedman, "rassistisch
angegriffen und verletzt" zu haben. Es sei selbstverständlich, in der
Demokratie Kritik zu üben, doch habe Kritik nichts mit Religion zu
tun. "Wer das eine mit dem anderen verquickt, argumentiert
rassistisch und legitimiert Antisemitismus", kritisieren die
Journalisten in einer Stellungnahme unter dem Titel "Einspruch", die
am Mittwoch unter anderem von der Frankfurter Rundschau gedruckt
wurde. "Wenn in den vergangenen Jahren in Deutschland Menschen
ausländischer Herkunft, darunter viele Muslime, durch die Straßen
gejagt, verprügelt, getötet wurden, hat einer immer gesprochen,
gemahnt, appelliert: gegen das Schweigen, gegen das Wegsehen, gegen
den Rassismus. Michel Friedman hat stets Solidarität bekundet mit
denen, deren Menschenwürde angegriffen wurde, unabhängig von ihrer
Religion, ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht. Auch deshalb gebührt ihm
heute unsere Solidarität", heißt es in der Erklärung.
Das Recht auf Kritik "an der israelischen Besatzungspolitik" sei
unbestritten. "Wer behauptet, es sei ein Tabu, diese Kritik zu
äußern, verfälscht die Realität. Er benutzt das alte antisemitische
Klischee vom Juden, der die öffentliche Meinung kontrolliert",
betonen die Unterzeichner. Zu einem Zeitpunkt, zu dem es "in Europa
wieder Anschläge auf Synagogen gebe, hätten geistige Brandstifter den
Zulauf, aus dem Wahlerfolge werden". Es sei zu beobachten, dass sich
die Schreiber antisemitischer Leserbriefe nicht mehr scheuten, ihre
Namen zu nennen.
Zu den Erstunterzeichnern zählen Chefredakteure zahlreicher
deutscher TV-Stationen und Zeitungsjournalisten wie Zeit-Herausgeber
Josef Joffe oder Tagesspiegel-Mitherausgeber Hellmuth Karasek. (APA)