"Heil Lepper!" prangt in gotisch-stilisierter Schrift auf dem Titelblatt des polnischen Nachrichtenmagazins Wprost . Das Konterfei des Bauernführers Lepper wirkt wie aus Bronze gegossen, das Licht fällt von oben auf sein Gesicht und wirft einen Schatten unterhalb der Nase, der wie das Bärtchen Hitlers wirkt. "Schon jeder fünfte Wähler wünscht sich Andrzej Lepper an die Macht", warnt das Blatt in fetten Lettern.

Bei den letzten Parlamentswahlen im September 2001 zog erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg eine offen antisemitische und rechtsextreme Partei im Sejm ein, dem polnische Unterhaus. Die erst zu den Wahlen gegründete "Liga der polnischen Familien" gewann auf Anhieb fast acht Prozent der Wählerstimmen. Die rechtspopulistische Bauernpartei "Samoobrona" (Selbstverteidigung) des radikalen Bauernführers Andrzej Lepper kam gar auf über zehn Prozent der Stimmen und stieg zum Entsetzen des politischen Establishments zur drittstärksten Partei auf. Und auch eine dritte Rechtsaußen-Partei - die "Recht und Gerechtigkeit" kam in den Sejm.

Dagegen flog die so genannte "Mitte" völlig raus - keine der beiden Exregierungsparteien "Wahlaktion Solidarnosc" , die den Ministerpräsidenten Jerzy Buzek gestellt hatte, oder die kleine "Freiheitsunion", der so berühmte Politiker wie Tadeusz Mazowiecki oder Jacek Kuron angehören, konnte die Fünf-Prozent-Hürde überspringen.

Umfragen zufolge wäre die "Samoobrona" mit über 17 Prozent Zustimmung bei den Wählern heute sogar schon zweitstärkste Partei. Unterstützung findet er bei fundamental-katholischen Medien oder dem Radiosender Radio Maryja, den rund fünf Millionen Polen täglich hören.

(DER STANDARD, Printausgabe, 8.6.2002)